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Der Ausstieg aus dem Ausstieg – ein Drama in (werweißwieviel?) Akten. Teil 1. Von Reinhard Eichelbeck

Der Ausstieg aus dem Ausstieg – ein Drama in (werweißwieviel?) Akten. Teil 1. Von Reinhard Eichelbeck Symbolbild: aloys.news

Dießen – 2021 lieferten sechs Atomkraftwerke (AKW) 12,6 % der in der Bundesrepublik erzeugten Elektrizität. Gaskraftwerke lieferten die gleiche Menge. Dann wurden 3 AKWs abgeschaltet und die restlichen liefern derzeit etwa 5 %. Geplant war, sie Ende 2022 ebenfalls abzuschalten.


Dieses Szenario geht auf eine Initiative von Angela Merkel aus dem Jahr 2011 zurück. Sehr zur Freude der Anti-Atomkraft-Bewegung, die in den 1970er Jahren mit zunehmender Nutzung der Kernenergie entstand. Das Atomkraftwerk ist eine gezähmte Atombombe, in dem durch kontrollierte Kernspaltung Wärme erzeugt wird, die über Generatoren in elektrische Energie umgewandelt wird. Das funktioniert in der Regel, sofern alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten und die Kontrolle aufrechterhalten wird. Das potentielle Risiko, dass durch interne oder äußere Umstände der Prozess außer Kontrolle geraten könnte, bleibt aber bestehen und dann tritt eine Kernschmelze ein, die zwar nicht die explosive Kraft einer Atombombe freisetzt, aber eine massive radioaktive Verseuchung zur Folge hat.


!986 trat ein solcher GAU (größter anzunehmender Unfall) in Tschernobyl auf und 2011 in Fukushima. In beiden Fällen waren allerdings nicht die Reaktoren schuld, sondern menschliches Versagen bzw. Dummheit. In der Ukraine war es ein missglücktes Experiment, in Japan die geradezu schwachsinnige Entscheidung, in einem Erdbebengebiet mit regelmäßigen Tsunamis ein AKW ans Meeresufer zu bauen. Letzteres zumindest hat allerding am Risikoprofil der deutschen Kernkraftwerke nicht das Geringste geändert, da die Situation hier völlig anders ist.
Man kann also durchaus darüber streiten, ob der Ausstieg berechtigt war, wenn man bis dahin das potentiell immer vorhandene Risiko als akzeptabel betrachtet hat. Und natürlich stellt sich dann auch die Frage, wie man den durch die Abschaltung entstehenden Verlust ersetzen will. Der Ausfall erschien damals unerheblich, weil ja genügend fossile Kohlenwasserstoffe (Kohle, Erdöl, Erdgas) zur Verfügung standen. Als immer deutlicher wurde, dass diese die Erderwärmung anheizen und damit nicht nur ein potentielles, sondern sehr reales Risiko darstellen, wurden die erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik, Biogas und Wasserkraft), die als bessere Lösung jahrelang im Gespräch waren, endlich in den Focus genommen. 


Ihr notwendiger Ausbau wurde aber nicht ausreichend gefördert weil es ja eine einfachere und profitablere Alternative gab: russisches Erdgas, gefördert von Gazprom und durch oberirdische und unterseeische Pipelines billig zu erwerben. Übersehen hat man dabei nur, dass ein ehemaliger KGB-Agent sich von einem ursprünglich halbwegs demokratisch gewählten Präsidenten zu einem machtwahnsinnigen Imperator entwickelt hatte, der sich für einen Nachfolger von Peter dem Großen hält und ein eurasisches Großreich anstrebt, das von Wladiwostok bis nach Lissabon reicht. Und dann – für den Rest der Welt nicht nachvollziehbar und dementsprechend überraschend – ein aus militärischer Sicht ungefährliches Nachbarland überfallen hat, um es seinem großrussischen KZ einzuverleiben.


Das Ergebnis kennen wir: sinnlose Zerstörung, Folter, Mord, Vergewaltigung, Kriegsverbrechen in allen möglichen Versionen, Millionen von Menschen auf der Flucht, zigtausende ziviler Opfer in der Ukraine und für uns das schmerzhafteste: kein Billiggas mehr. Und dank marktwirtschaftlicher Mechanismen folgen explodierende Energiepreise, Inflation und die große Angst vor einem Winter in Hunger und Kälte.

Der Autor lebt in Dießen. Von 1976 bis 1985 war der Journalist festangestellter Fernsehredakteur im Familienprogramm des NDR, wo er zuerst verschiedene Kinder- und Jugendprogramme betreute, später dann Dokumentarfilme und Dokumentarserien. 1985 wechselte er in die Hauptredaktion Kultur und Wissenschaft des ZDF, wo er bis 1987 für die Sendereihe Einblick verantwortlich war.

Fortsetzung folgt

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