Folge 66

Ich hörte auf dieser Rückreise die „Pamir" untergehen und mit ihr meinen Funker-Freund, mit dem ich ein paar Worte wechseln konnte, bevor die unendliche Stille eintrat… Diese zwei Zeilen verraten nichts über meinen Gemütszustand.

Mit unserer guten PFW durfte ich dann noch einmal eine interessante Küstenreise über Antwerpen, Le Havre, Rouen, Bremen und Hamburg machen, wo wir unsere aus Amerika herüber gebrachten Kostbarkeiten an Land gaben. Sie werden sich jetzt aber auch fragen, wie die nagelneuen Autos für den Pariser Autosalon die Reise überstanden haben? Nun, die waren alle verbeult durch herumgewirbelte Ladung, die sich im Atlantik losgerissen hatte. Für die Versicherung ein immenser Schaden... 

Kapitän Rog war einer der beliebtesten Kapitäne, die ich während meiner Dienstzeit bei der Handelsmarine erleben durfte. Ruhig, wohlgelaunt, ehrlich, bescheiden, kompetent. Ich habe ihn nach seiner Pensionierung, es war gleichzeitig seine Abschiedsreise, öfters in seinem Häuschen im Herzen von Scheveningen besucht und war geschockt, zu hören, dass er nach nur zweieinhalb Jahren plötzlich gestorben ist. Und er hatte noch so viele Pläne.

Mein Schiff Nr. 14, die „Oostkerk" gehörte zwar, wie üblich, nicht mir sondern der inzwischen mehrmals genannten VNS. Das Schiff war eines aus einer Neubauserie und war 7178 brt groß, auch wenn sie auf dem Foto größer aussieht. Ihr internationales Rufzeichen lautete PGND und meine Reise auf diesem Schiff dauerte gerade mal 14 Tage, dann stieg ich für immer von Bord eines Schiffes, denn ich hatte gekündigt, um mich weiter zu bilden.

Das Schiff kann nichts dafür, aber ich machte mit ihr eine der langweiligsten Küstenreisen meines Seemannslebens. Wie üblich Antwerpen, Hamburg, Bremen, Amsterdam und schließlich wieder Rotterdam, worüber es nichts, aber auch gar nichts zu berichten gab.

Mit einer gehörigen Portion Wehmut im Bauch verließ ich mit diesem Schiff meine so hoffnungsvoll gestartete Seemannskarriere. Eine berufliche Weiterbildung war mir aber im Nachhinein wichtiger als Sentimentalität. Steuerleute konnten zum Kapitän aufsteigen, wir blieben das, was wir waren: Funkoffiziere, als Job toll, aber ohne Perspektiven. Und dann ist es besser, das rechtzeitig zu erkennen und, so leidvoll es war, die Konsequenzen zu ziehen. Die Fluktuation innerhalb unseres Berufsstandes war so heftig, dass man sich kurz darauf gezwungen sah, italienische Funkoffiziere einzustellen. Das war das Letzte, was ich aus dieser Richtung vernommen habe. - Kurzgefasst: Es war eine wunderschöne Zeit, an die ich mich (heute) gern zurück erinnere und die ich für kein Geld der Welt hätte missen wollen. Meine Erinnerungen werden mit der Niederschrift dieses Buches wieder wach...

Fortsetzung folgt