Zankenhausen – Anna Münkel ist entspannt. Sie sitzt gemütlich auf einer Bank auf der Terrasse ihres Elternhauses. Ihr Blick geht über den Ammersee. Das Haus hat eine exponierte Lage. Seit ihrem achten Lebensjahr dichtet sie – Jüngst ist in einem Reclam-Sammelband ein Gedicht von ihr erschienen. Die Anthologie hat der Weßlinger Schriftsteller Anton G. Leitner zusammengestellt. Beim Gespräch zeigt Anna ungewöhnliche Präzision und Geübtheit. Nächstes Jahr macht sie Abitur. Alois Kramer von aloys.news hat mit der jungen Dame gesprochen. Da sie sich schon lange kennen, duzen sie sich.

aloys.news: Du dichtest schon seit über einem Jahrzehnt. Was für Gedichte schreibst Du?

Anna Münkel: Ich bezeichne meine Arbeiten als Alltagsgedichte. Sie entstehen aus Situationen, die mir passieren. Beim Baden, beim Spaziergehen mit unseren Hunden, vor Schulschluss. Einer unserer Lehrer hat bemerkt, dass wir kurz vor Unterrichtende dauernd auf die Glocke starren. Daraus machte ich ein Gedicht. Ein anderes trägt den Titel „Hunde Leben". Ich habe versucht mich in das Leben eines Hundes zu versetzen. Ob das wirklich geht, weiß ich nicht. Ich habe einige Gedichtformen ausprobiert. Zum Beispiel Dada, oder auch Poetry Slam. Manche Gedichte sind kurz, manche lang. Ich lege mich da gar nicht fest.


aloys.news: Du schreibst schon seit vielen Jahren Gedichte? Wann hat das den angefangen?

Anna Münkel: Ich war etwa neun Jahre alt als ich anfing. Ich hatte so vor mich hingeschrieben, bis eine Lehrerin darauf aufmerksam wurde. Ich habe sie zunächst gar nicht für andere Leser verfasst, sondern im Grunde nur für mich. Erst mit 12 Jahren haben meine Eltern mitbekommen, dass ich als Dichterin tätig bin. Die Lehrerin hat es beim Elterngespräch erwähnt. Meine Eltern haben mich, als sie davon erfuhren, immer unterstützt. Meine Mutter befasst sich als Journalistin sehr mit Sprache, mein Großvater mütterlicherseits war auch Journalist. Das ist das mütterliche Erbe vermutlich, das ich da in mir trage. Mein Vater dagegen ist eher mathematisch orientiert und mein Bruder studiert Physik. Das ist eine andere Welt. Im Jahr 2013 kam mein erster Gedichtband heraus. Der Titel: „Dein Gedicht". Es war einen Anspielung auf die Schlussformel eines Briefes, sozusagen der Absender, wie man sagt, „herzlich Dein xy".


aloys.news: Hast Du das irgendwie gelernt, das Schreiben?

Anna Münkel: Nein überhaupt nicht. Ich bin Autodidakt. Ich lasse meine Seele sprechen und das ist alles. Ich beginne mit der Arbeit komplett unvorbereitet. Dann fließt es. Allerdings sage ich die Gedichte, die ich schreibe schon manchmal laut vor mich hin. Da spüre ich, ob das Geschriebene Substanz hat oder nicht. Die Nachbarn kennen mich schon, wenn ich mit den Hunden unterwegs

bin und ganz laut meine Verse deklamiere. Aber das stört sie nicht und mich auch nicht.


aloys.news: Du bist bekannt. Wie gehst Du damit um?

Anna Münkel: Na, ja. Das hält sich in Grenzen. Allerdings trete ich durchaus auch bei Lesungen auf und trage meine Arbeiten vor. Da passiert es schon, dass ich angesprochen werde. Das mag ich und gefällt mir. Ich bin so, wie ich es in meinen Gedichten ausdrücke. Doch seit einiger Zeit bekomme ich Stunden von einem Schauspieler. Der bringt mir bei, wie ich sprechen sollte, wie ich da stehen sollte und wie ich atmen muss. Alles nicht so einfach, aber es macht auch Spass.


aloys.news: Deine Eltern sind am Schaffensprozess beteiligt?

Anna Münkel: Das kann man so eigentlich nicht sagen. Häufig lese ich ihnen das Geschriebene vor, aber sie bieten mir keine Verbesserungen an. Ich mache oft die Erfahrung, dass die erste Fassung die beste ist. Ich trage auch meistens ein Notizbuch mit mir herum, in das schreibe ich hinein, was mir gerade so einfällt. Wenn ich es nicht beim Spaziergang dabei habe, dann nehme ich meine Gedanken mit dem Telefon auf. Wenn beides nicht zur Hand ist, rezitiere ich das, was mir eingefallen ist, solange vor mich hin, bis ich zu Hause bin und es niederschreiben kann.

aloys.news: Magst Du von Deinen Gedichten einige besonders gerne, also hast Du Lieblingsgedichte?

Anna Münkel: Nein. Aber in bestimmten Situationen fallen mir immer wieder bestimmte Gedichte ein. Jedoch sind mir alle lieb und teuer. Allerdings lese ich gerne selbst Gedichte von anderen Autoren. Zum Beispiel die von Wilhelm Busch oder von Erich Kästner. Aber ich kopiere ihre Art zu schreiben nicht. Kästner hat Humor und ist sehr kritisch. Das schätze ich sehr.


aloys.news: Wie ist das eigentlich in Deiner Klasse? Was sagen Deine Klassenkameraden zu Deiner Leidenschaft?

Anna Münkel: Die nehmen das sehr gelassen hin. Allerdings finden sie es schon cool, wenn sie sehen, dass ich ein Buch veröffentlicht habe. Die wußten lange Zeit gar nichts davon. Wenn einer Fußball gerne spielt, ist das ja auch keine Sache, die besonders auffällt.


aloys.news: Was magst Du denn mal werden?

Anna Münkel: So genau weiß ich das im Moment auch noch nicht. Vielleicht werde ich Buchhändlerin oder eröffne eine Buchhandlung. Ich setze mich zudem besonders für Umweltschutz ein und das Klima. Das ist mir ein besonderes Anliegen. Meine Eltern machen mir da keine Vorgaben. Sie meinen, ich sollte schon etwas tun, was mir Spass macht. Im Moment gehe ich zum Jazz-Tanzen, spiele Klavier und bin gerne im und am Wasser. Natürlich am Ammersee.


aloys.news: Reich wirst Du mit den Gedichten wahrscheinlich nicht. Aber ein bisschen Geld bekommst da dafür?

Anna Münkel: Ja, aber ich behalte nichts davon. Ein Teil davon geht an die "Kenianischen Waisenkinder in Not". Das ist eine Uttinger Initiative. Ich finanziere damit die Schulausbildung von zwei Patenkindern in Kenia. Flüchtlingskinder hatte ich auch schon in den Münchner Zoo und in ein Puppenspieltheater eingeladen. Darüberhinaus habe ich Geld für ein Krankenhaus in Syrien und Schulbücher für den Deutschunterricht von Flüchtlingen in Zankenhausen gespendet.