Folge 15

Manager Trini stank an den weltlichen katholischen Dienern des Herrn in erster Linie die Scheinheiligkeit – am deutlichsten repräsentiert für ihn im Lustkiller namens „Zölibat": „Viele Katholen-Pfaffen geben vor, enthaltsam zu leben, und bumsen gleichzeitig ihre Haushälterinnen. Wenn sie denen Kinder machen, wird darüber stillschweigend hin- weggegangen, und ein Fonds der Kirche zahlt Versorgungsausgleich für die Kleinen. Wenn andererseits die Priester sich zu ihren Kids bekennen und die Vaterschaft öffentlich anerkennen, werden sie aus der Kirche gefeuert, ohne einen einzigen Pfennig an sozialen Leistungen zu sehen. Eine solche Verlogenheit muss man sich mal vorstellen!"

Und Trini weiter: „In Dritte-Welt-Ländern werden die Leute bewusst dumm gehalten: Man verbietet ihnen trotz grauenhafter Armut und Bevölkerungsexplosion den Gebrauch von Parisern und am liebsten auch noch den Sex ganz allgemein – während die Pfaffen selbst in Saus und Braus leben. Wer kann an so eine Institution noch glauben?"
Jetzt war die Popen-Diskussion in vollem Gange. 

Gut, dass ich mit zwei Trägern Weißbier auf Redaktionsetat vorgesorgt hatte, um die Sache am Fließen zu halten. „Im Verhältnis zu dem", erregte sich Campino, „was die Kirche an Steuern einsackt, ist ihre Gegenleistung doch mehr als gering. Letztendlich kann man ihr nur zugutehalten, dass sie einige soziale Einrichtungen betreibt und dass ihre Häuser Anlaufstellen für einsame, alte Menschen sind. Das ist nicht gerade viel, oder?"

Und Schlagzeuger Wölli brachte die Sache auf den Punkt: „Gott ist nichts Greifbares", philosophierte er, „der ist 'ne Einstellungssache. Aber die Kirche ist greif- und vor allem angreifbar. Man kann sich locker über sie lustig machen, weil sie für dermaßen viel Mist verantwortlich ist, dass du's kaum noch aushältst."

Allerdings übte die Vorstellung, später mal nicht ordentlich kirchlich beigesetzt zu werden, zumindest auf Jung-Campino einen immensen Druck aus. „Aber irgendwann schlug dieser Druck in eine Trotzreaktion um. Heute ist meine Vorstellung von einer Beerdigung die", grinste er, „dass ich verbrannt und in eine Urne gepackt werde. Hau weg den Scheiß!"

Und etwas ernster: „Wenn irgendein Grundsatz im Leben eine Berechtigung hat, dann ist es ‚Asche zu Asche'. Ich möchte die meine jedenfalls da ausgestreut sehen, wo ich Erlebnisse hatte, die mir etwas bedeuteten. Das ist für mich Religion, damit kann ich etwas anfangen."

Und sonst? Wie müsste sie aussehen, die Kirche der Neuzeit, in die auch Die Toten Hosen reinstiefeln würden, wollte ich von den knuddeligen Vorzeige-Punks wissen? „Diese Welt", meinte Campino, „kann sich nur weiterdrehen, wenn gerade bei Religionsfragen eine völlige Toleranz besteht. Jedem seine Religion, seine Kirche, sein Haus – anders läuft das nicht."


Morgen geht's weiter mit den Toten Hosen

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