Jeden Tag lesen Sie auf aloys.news eine Folge aus dem Buch des Dießener Journalisten Michael Fuchs-Gamböck. Es trägt den Titel "Er hatte sie alle. 50 Geschichten aus 25 Jahren Rock 'n' Roll-, Rock- & Pop-Abenteuer" und ist vor drei Jahren erschienen. 

Und was haben wir von der neuen Stones-Platte zu erwarten? „Blues- Rock natürlich", knurrte Ron. Ich sah, dass Woodys Zehen in den weißen Tennissocken bedrohlich zuckten. Im Moment war mir das reichlich egal. Ich bohrte weiter: „Aber Blues-Rock, ich meine, den spielt ihr schon immer, oder nicht?" – „Eben", nickte Woody. Eine wahrhaft kryptische Antwort. Ich ließ mich davon absolut überzeugen.

Wir plauderten noch so über dieses und jenes, nichts von Bedeutung, doch so richtig nett, die Jugendstilkaraffe leerte sich langsam, meine Uhr zeigte auf eins, und da kam auch schon Josephine ins Zimmer und wies unter Gähnen und mit ihrer zu hohen Stimme darauf hin, dass sie gleich ins Bett gehen wolle. Woody küsste seine Gattin auf die Wange, schlurfte hinter ihr her ins Wohnzimmer, in dem das Holz in den beiden Kaminen gemütlich vor sich hin knisterte und meinte: „Great Interview, Luxi." Ich wunderte mich ein wenig und fragte mich, ob er die freundliche Konversation von gerade eben damit meinte.

Josephine ging nach oben ins Schlafzimmer, während Woody wie ein frecher kleiner Junge über seine etwas eingefallenen Wangen grinste. „Okay, Boys", brüllte er, „gehen wir in den Keller, Videos gucken. Ihr werdet's nicht bereuen."

Luxi, der Rasta und ich wackelten hinter Woody her, mein Kopf verlor auch den Zweikampf mit der Kellertür, wir plumpsten alle zusammen auf das weiche, abgewetzte Sofa. Woody schaltete die Glotze an, startete ein Videogerät und lächelte uns versonnen an: „Das hier", flüsterte er, „ist eine Aufnahme aus Zeiten, in denen ich noch keine Kohle hatte. Ja, diese Aufnahme ist historisch!".

Auf dem Bildschirm erschienen Keith Richards, total stoned, Rod Stewart mit hässlichem Batikschal und Woody, der in seiner Schlaghose richtig scharf aussah. Sie standen auf der Bühne, mit einigen anderen Musikern, die sich mächtig ins Zeug legten, und spielten – na klar! – einen Blues. Hatte ich etwas anderes erwartet?

Ehe ich aus Woodys Büro raus war, konnte ich mir Gott sei Dank noch ein großes Glas Cognac aus dem Jahr 1920 (geschätztes Alter, um ehrlich zu sein) einschenken, das ich nun in meiner Rechten hielt und langsam ausleerte. Ich starrte auf die Kiste, auf der sich Wood, Richards, Stewart & Konsorten einen abhampelten und spürte, wie meine Augenlider zu purem Blei mutierten. „It's only Rock 'n' Roll, but I like it", ging es mir durch den Kopf. Ich grinste blödsinnig vor mich hin und war zum ersten Mal an diesem Tag richtig glücklich. Dann sah ich nichts mehr.

Morgen geht's weiter mit Ron Wood