Landsberg – Der Laden am Landsberger Hauptplatz von Ruth und Patrick Vogel ist nicht besonders groß und trotzdem nicht zu übersehen. Er ist sogar wirklich klein und besteht aus einem einzigen Raum. Die Verkaufsfläche misst über den Daumen gepeilt etwa zwei auf drei Meter. Aber diese sechs Quadratmeter haben es in sich. Ein Plakat mit Fotos von Käsen aus der ganzen Welt, hängt in einem Schaukasten rechts neben dem Eingang. Da steht Roquefort neben Gorgonzola, Camembert neben Stilton, Münster neben Parmesan. Das alles deutet auf ein Käseparadies hin. Durch das große Schaufenster sieht man genauer, was es dort zu kaufen gibt, zwei Kühlregale voller Köstlichkeiten. 

Von der Ferne leuchtet dem Besucher des Hauptplatzes das Schild „Tölzer Kasladen" entgegen. Aha. Die bekannte Marke, denkt man. Vor allem Käse, ein gutes, überschaubares Sortiment roter und weißer Weine, bestes Olivenöl, ausgesuchte Marmeladen, ein Paar Gläser Honig, Nudeln und frische Trüffel. Patrick Vogel ist in der Lechstadt der Herr des „Kasladens". Der groß gewachsene Mann aus Hagenheim strahlt Energie, Kraft und Lebensfreude aus. Wer zu ihm kommt, hat nicht nur eine herausragende Auswahl an verschiedensten Käsen, er bekommt auch, wenn er das mag, Hintergrundkenntnisse. Die liefert der ehemalige IT-Spezialist gratis beim Kauf dazu. Da spürt der Käufer schon das Universum, in dem sich die Vogel's bewegen. Zu allem weiß Patrick Interessantes zu erzählen. Seine grundlegende Motivation ist es, zu wissen, wie die Produktionsbedingungen der Produkte und dazu gehören vor allem Käse sind, die er verkauft. Zum Beispiel Büffelmozzarella. Wer diese Käsesorte mag, erhebt sich schon über den gewöhnlichen Mozzarella, der in den Supermarktketten angeboten wird. 

Der genaue Blick auf die kryptischen Zeichen, die über die Herkunft Auskunft geben, verrät nämlich: Dieser Mozzarella wird in Tschechien oder Deutschland hergestellt. Aber selbst der Mozzarella vom Büffel, von dem wir glauben, dass er eine besonders gute Qualität hat, scheitert vor dem strengen Auge des Käsespezialisten Patrick. Denn er besitzt das Wissen, wo es den besten Mozzarella gibt. Nämlich in der Nähe von Salerno und Caserta in Süditalien. Der zarte, weiße und glatte Käse ist aus der Milch der Wasserbüffel, die im feuchten Tiefland Kampaniens leben, gemacht. Sie sind typisch für diese Gegend, da sie auf Grund ihrer breiten Hufe im schlammingen Boden nicht einsinken und sich so gut weiterbewegen können. Patrick kennt zwei Firmen in dieser Region, die dieses Wunderding produzieren. Allerdings kommt man nicht einfach in den Genuss dieses Käses. Denn die Hersteller geben ihren Mozzarella nicht jedem. Patrick gehört zur Schar der Auserlesenen. Er weiß auch, dass die Liebhaber dieses ganz speziellen Büffelmozzarellas diesen zum Frühstück essen oder auch leicht paniert als Süßspeise. Man muss sich eben nur mit Patrick Vogel unterhalten. Die Leidenschaft des 45-Jährigen für Käse liegt lange zurück. Bereits mit 15 Jahren hatte sich der junge Patrick auf Kajakfahrten in Frankreich begeben. Dabei ging er auf die Märkte von kleinen französischen Dörfern und entwickelte ein Gespür für Käsesorten. Patrick Vogel ist überzeugt: Der Käse ist das Tuning vom Essen. 

Ich war mehrmals bei der ,Morgenrunde' dabei, wo die Tiere in der Frühe gemolken wurden.

Die Sommerferien sind für ihn Arbeit und Entspannung. Anstrengung, die er gerne unternimmt. So verbringt er häufig mit seiner Frau und den beiden Kindern Urlaub in Käse Gebieten. Dieses Jahr zwei Wochen in Sonlerto, einem kleinen Ort im Tessin im hochgelegenen Bavona-Tal am Lago Maggiore. Im Nebental, hinter einem großen Stausee, der Ancona mit frischem Wasser versorgt. Orte in diesem Tal sind normalerweise nicht ganzjährig bewohnt. Im April kommen die ersten Bewohner vorwiegend von Cavergno und Bignasco herauf und bleiben bis Ende Oktober. In den Sommermonaten ist erwartungsgemäss das Tal am dichtesten bevölkert. Bis ins 16. Jahrhundert war das Val Bavona ganzjährig bewohnt, erläutert Patrick. Von den berühmten Steinhäuser aus, den so genannten „Rustici", geht es auf 1830 Meter hoch gelegene Alm. Dort grasen etwa 100 Ziegen, 150 Kühe und ca. 25 Schweine. Hier wird noch traditionell Käse hergestellt. Auf 2200 Meter hat der Bauer eine neue Melkhütte gebaut, wo die frische Milch durch ein Rohr in die Alpe läuft. Stolz erzählt der Bauer von seinem neuen elektrisch beheizbaren Kupferkessel. Das Heizen mit Holz ist erstens ungenau und zweitens sehr arbeitsaufwendig, erklärt Patrick Vogel. Aber bis vor drei Jahren wurde noch so der Käsekessel geheizt. 

Die Söhne des Bauern, seine Frau und seine Mutter arbeiten mit. Sie verkaufen am Wochenende auf dem Markt im Tal ihren Ricotta, Butter und den Alpkäse und im Winter macht der Bauer Kuhmilchkäse. Das hat damit zu tun, dass die Ziegen nur eine Laktationszeit von 275 Tagen haben. Das ist die Zeit, in der sie Milch geben. „Aber du musst nicht glauben, dass die Milch dann über Rohre ins Tal gepumpt wird, die wird an Ort und Stelle verarbeitet. Sie läuft in den Rohren ohne Druck. Die Drücke in den Leitungen schaden der Milch nur, weil sie Moleküle zerstören. Ich war mehrmals bei der ,Morgenrunde' dabei, wo die Tiere in der Frühe gemolken wurden. Meine Kinder durften , die fünf neugeborenen Hütehunde kümmern. Dann hatten sie auch die Aufgabe ein frischgeborenes Zicklein zu fütter, dessen Mutter gestorben war. Am Abend sind wir wieder ins Tal abgestiegen und noch schnell in den wunderschönen Gumpen zum Baden gegangen". Dann erzählt er von der Besonderheit der Häuser im Tal. Die haben Außentreppen die nicht mit dem Hauseingang verfugt sind. 

„Da ist ein etwa zehn Zentimeter großer Spalt. Den passieren Ungeziefer und Nager nicht". Eine einfache aber wirkungsvolle Methode. Zudem gibt es im Hochtal Käsekeller, die hunderte von Jahren alt sind. Dazu kommen noch natürliche Höhlen im Gestein, in denen die Käse von den Bauern zum Reifen abgelegt werden. „Dort herrscht eine kontinuierliche Temperatur von acht Grad Celsius und eine ideale Luftfeuchtigkeit für das Produkt". Diese Höhlen sind durch Spalten im Granitgestein entstanden. Dort wurden früher Tausende von Käsen eingelagert. Heute sind es nur noch drei oder vier Bauern, die diese Käsekeller nutzen und vielleicht zehn Kühe auf der Alm haben. Der Käse besteht aus 30 Prozent Ziegen- und 70 Prozent Kuhmilch. Die wird roh verarbeitet. Die Kühe grasen als erste und dann kommen die Ziegen. Der Käse aus dieser Region ist zum weltbesten Käse in den Jahren 2019 und 2020 gewählt worden. Zehn Laibe von diesem Käse habe ich mit nach Hause genommen, wo sie noch weiter reifen dürfen und dann vor Weihnachten den Kunden angeboten werden". Die Alpe 1830 Höhenmeter heißt „Alpe Campo La Tora – Dazio" und der Hof im Ort Fusio und befindet sich im Schweizer Teil des Tessins auf etwa 1300 Höhenmeter. Die Einwohnerzahl von Fusion betrug im Jahr 2006 rund 50 Bewohner. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Das Dorfbild ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als schützenswertes Ortsbild der Schweiz von nationaler Bedeutung eingestuft.