München – Unser Autor Ludwig Kramer kann selbst nach einer Nacht mit ausgiebig Schlaf ohne Probleme während des nächsten Tages einschlafen. Weil der 28-Jährige nicht wußte, ob das normal oder krankhaft ist, begab er sich ins Schlaflabor des Universitätsklinikums Großhadern in München. Dort arbeitet er als Apothekenkaufmann in der Klinikapotheke:
Da ich tagsüber immer sehr müde bin und es mir auch nicht schwer fällt während der Arbeit easy wegzuschlafen, beschloss ich mich untersuchen zu lassen. Mein erster Gang führte mich natürlich zum Hausarzt, weil ich dachte, dass es eventuell einfach ein Nährstoffmangel ist. Ist es aber nicht, meine Werte sind super, sagte dieser mir. Dann überwies er mich zum Neurologen. Dieser meinte, dass ich vielleicht eine abgeschwächte Form der sogenannten Narkolepsie-Krankheit habe und deshalb eine Nacht ins Schlaflabor sollte. Mein Nächster Gang war also zur Neurologieabteilung des Klinikums Großhadern.
Schnell bekam ich einen Termin bei einem sehr netten, jungen Assistenzarzt. Dieser behandelte mich zusammen mit einem Oberarzt. Montag, 26. Oktober, war es dann soweit. Ich sollte abends um 20 Uhr im Schlaflabor vorstellig werden, anmelden musste ich mich in der Notaufnahme. Das war das einzig Mühsame an dem Abend. Angekommen bin ich im Schlaflabor gegen 20.45 Uhr, ich habe noch kurz telefoniert und mich dann direkt in den Schlafanzug geworfen. Der besteht bei mir aus Boxershorts. Um kurz nach 21 Uhr kam eine Krankenschwester ins Zimmer. Der Beginn meiner Verkabelung.
Als erstes befestigte sie vier Elektroden oben auf den Kopf mit einer gipsartigen Paste, welche stromleitend ist. Danach kam das Gesicht dran mit insgesamt fünf Einmalelektroden, zwei rechts und links der Augen, zwei am Kinn, bei mir war das wegen meines Bartes unterhalb der Wangenknochen. Eine platzierte sie geübt oben mittig auf die Stirn. Hinter die Ohren kamen auch noch Einmalelektroden. Zudem gab's noch insgesamt zwei EKG-Elektroden. Eine rechts oben an der Brust und eine links unten am Bauch.
Na ja. Wer denkt das war's, liegt falsch. Zu all dem legte die Schwester mir zwei Elektroden an den Außenseiten der Beine. einen Gürtel um die Brust mit zwei Elektroden und einen Taillengürtel mit zwei Elektroden. Und zu guter Letzt erhielt ich noch das klassische Sauerstoffsättigungsmessgerät am Zeigefinger. Als Undercover-Agent hätte ich überhaupt nicht getaugt mit dieser Verkabelung. Die Prozedur dauerte eine gute halbe Stunde. Komplett verdrahtet „durfte" ich dann auch direkt Schlafen. Das gehörte zum Programm. Zum Glück bin ich Rückenschläfer, denn durch die vielen Kabel konnte ich nur in dieser Position schlafen. Die Nacht empfand ich als unruhig. Ich wachte zwischendurch auf und zwei Mal ist mir die Klemme am linken Zeigefinger abgefallen. Klar, die Schwester war gleich auf dem Posten und hat sie wieder dran gemacht
Da sie mich am Computer überwachte, hat sie sofort gesehen, wenn eine Elektrode sich gelöst hatte. Interessant fand ich, dass die Nachtschicht von Studenten übernommen wird und das Schlaflabor immer Studenten sucht, welche dort nebenbei jobben. Vor allem Medizin- und Pharmaziestudenten haben sie wohl, aber es kommen auch durchaus welche von anderen Studiengängen.
Die Nachtschwester weckte mich gegen 7 Uhr. Da ich auch einen Tagesschlaftest absolvieren sollte, musste ich den ganzen Tag noch da bleiben. Mir wurden dann erstmal die meisten Elektroden abgenommen bis auf diejenigen, die ich am Kopf hatte. Um 8.45 Uhr sollte der erste Tageschlaftest starten, in der Zwischenzeit konnte ich tun was ich wollte. Da ich die Woche drauf eine Klausur in Rechnungswesen schreiben sollte, hatte ich meine Lehrbücher dafür mitgenommen.
Um 8.40 Uhr kam eine schon etwas ältere, sehr freundliche Schwester und fing wieder an mich zu verdrahten. Erst wurden meine Kabel am Kopf in das Gerät gesteckt, danach wurden mir auch wieder die Elektroden ins Gesicht geklebt. Der Raum wurde abgedunkelt, ich legte mich hin und versuchte zu schlafen. Ich war eigentlich sofort weg, für eine halbe Stunde. Länger als eine halbe Stunde sollte es auch generell nicht gehen. Diese Tagesschlaftests wiederholten sich noch drei Mal im zwei Stundenabstand. Der erste um 8.45, der zweite um 10.45 Uhr, der dritte um 12.45 Uhr, der vierte um 14.45 Uhr.
Wie schon gesagt arbeite ich ja in diesem Krankenhaus und da ich keine Verpflegung im Schlaflabor erhielt, musste ich mich selber versorgen. Kurzerhand schrieb ich eine Kollegin an und traf mich mit ihr in der sogenannten „Besucherstraße" zum Mittagessen im Restaurant. Die Elektroden am Kopf, blieben den ganzen Tag dran. Mein Anblick im Restaurant sorgte für amüsierte Blicke. Ich muss wohl wie ein Alien auf sie gewirkt haben.
Nach dem letzten Schlaftest am Dienstag, 27. Oktober um 14.45 Uhr kamen dann der Oberarzt und der Assistenzarzt und haben mir eine Diagnose gestellt. Es handelt sich bei mir um eine „Ideopathische Hypersomnie". Hört sich schlimm an, ist es aber nicht.
Trotz einer 94 prozentigen Schlafeffizienz in der Nacht, wie mir die Ärzte mitteilten, hatte ich tagsüber keine Mühe mich in Morpheus' Arme zu begeben und sogar innerhalb einer halben Stunde in den Tiefschlaf zu fallen. Das heißt, ich war wunderbar ausgeschlafen und trotzdem überwältigte mich untertags tiefer Schlaf.
Es ist zum Glück keine Narkolepsie, die im Volksmund "Schlafkrankheit" oder "Schlummerkrankheit" genannt wird, sondern nur eine Idiopathische Hypersomnie. Einer unserer Apotheker stellte lapidar fest: „Sie schlafen also gern und viel". Bei Wikipedia im Internet ist unter diesem Stichwort zu lesen: "Die Idiopathische Hypersomnie ist eine seltene Schlafstörung aus der Gruppe der Hypersomnien. Trotz verlängertem Nachtschlaf kommt es bei den Betroffenen tagsüber zu ungewolltem, nicht vermeidbarem Einschlafen mit ausgedehnten, nicht erholsamen oder auch meist erschöpfenden Schlafepisoden". Dort findet sich auch die Bemerkung, dass die Ursachen dieser Krankheit unbekannt sind.
Tatsächlich ist es so, dass ich einfach tagsüber zusätzlich Schlaf brauche und mir deshalb „Tagesschlafzeiten" einrichten sollte. Außerdem habe ich eine sehr kurze Einschlafzeit, weshalb ich zum Beispiel nicht Auto fahren darf, wenn ich müde bin. Der Normalwert zum Einschlafen beträgt acht Minuten. Bei mir wurde bei allen Schlaftests eine durchschnittliche Einschlafzeit von dreieinhalb Minuten festgestellt. Was wirklich ungewöhnlich kurz ist.
Die Ärzte haben mir erstmal „Modafinil" verschrieben. Davon soll ich die nächsten drei Monate morgens eine nehmen. Das Medikament ist ein Wachmacher, das unter anderem auch bei Narkolepsie verordnet wird. Da ich sehr mit den Zähnen geknirscht habe in der Nacht, sollte ich nochmal eine zweite Nacht im Schlaflabor verbringen und zwar mit meiner Beissschiene. Ich bin also kurz nach Hause gefahren, war duschen, hab zu Abend gegessen und bin dann auch schon wieder in die U-Bahn gestiegen um zurück ins Klinikum zu fahren.
Dieses Mal blieb mir zum Glück das Anmelden in der Notaufnahme erspart und ich konnte einfach durchmarschieren. Rein ins Zimmer, Zähne putzen, Schlafanzug an und los ging's mit der Verkabelung, danach noch schnell die Beissschiene auf die Zähne. Ich ratzte wieder fast sofort ein. Die Nacht war ziemlich unspektakulär, dieses Mal schlief ich auch meinem Empfinden nach besser als die Nacht zuvor. Ich glaube, die Auswertung war ähnlich.
Allerdings zog ich mir die Klemme am Finger insgesamt vier Mal ab in dieser Nacht. Um 7 Uhr wurde ich wieder geweckt. Dann durfte ich sofort das „Schlafzimmer" verlassen.
Um 8 Uhr gab's noch eine Nachbesprechung mit den Ärzten und deshalb blieb ich noch kurz auf dem Zimmer. Danach bin ich direkt in die Klinikapotheke zur Arbeit. Die liegt praktischerweise nur zwei Stockwerke unterhalb der Neurologie.
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Kommentare 1
Sehr spannender Bericht. Ich wollte schon immer mal wissen, wie es so zugeht im Schlaflabor. Allerdings würde es mir vermutlich sehr schwer fallen bei all den Kabeln überhaupt zu schlafen. Viel Glück mit der weiteren Behandlung