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Manches klärt sich durch ein gutes Gespräch: Der Schondorfer Professor Dr. Peter Cornelius Mayer-Tasch hat eine philosophische Praxis eröffnet.

Lebt seit Jahrzehnten am Ammersee: Professor Dr. Mayer-Tasch Foto: Mayer-Tasch

Schondorf – Der als Autor und akademischer Lehrer renommierte Politikwissenschaftler und Rechtsphilosoph Prof. Dr. Peter Cornelius Mayer-Tasch hat sich neuen Aufgaben zugewandt. Über sein jüngstes Projekt, eine Philosophische Praxis, sprachen wir bei ihm am Schondorfer Seeberg. Es gab köstlichen japanischen Grüntee und selbstgemachte Plätzchen. Der Professor strahlt jugendlichen Charme aus und ist, wie immer, gut gelaunt.

In Deutschland, Österreich und in der Schweiz gibt es mittlerweile an die 150 ähnliche Privat-Praxen; eine hat sich nun auch am Ammersee etabliert. Mayer-Tasch ist als Referent, Publizist und Berater insbesondere im Umkreis der Ökologiebewegung tätig. Seine Forschungsschwerpunkte an der LMU München und an der HfP München waren insbesondere Politische Ökologie, Politische Rechtslehre und Politische Philosophie (mit Betonung der Kulturgeschichte und der Zivilisationsphilosophie). Er ist Mitglied der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer und des Kuratoriums Mehr Demokratie. 1980–2020 gehörte er auch dem Kuratorium des Öko-Instituts e.V. an.


aloys.news: Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, eine Philosophische Praxis zu gründen, Professor?

Prof. Mayer-Tasch: Schauen Sie, mein Leben bestand immer aus wissenschaftlicher Arbeit und wird es auch in Zukunft sein. Ich schreibe auch seit meiner Emeritierung fast jedes Jahr ein Buch. Anfang nächsten Jahres erscheint „Die Kraft der Zuversicht" (bup). Da mein akademisches Leben sehr stark diskursiv ausgerichtet war, hatte ich nun das Bedürfnis, Interessenten die Möglichkeit zu geben, sich mit mir auf ein Gespräch einzulassen. Das muss nicht unbedingt eine Krise sein, in der sich die Betreffenden befinden. Charakteristisch für meine Philosophische Beratungspraxis ist, dass sich meine Besucher als Gäste fühlen sollen. Wir werden uns auf gleicher Augenhöhe begegnen. Meine Gäste dürfen sich auf ein intensives, auf Ihre persönliche Lebenssituation konzentriertes Gespräch freuen. Dieses soll ihnen weiterhelfen. Wer das Gefühl hat, sich in einer schwierigen Klärungs-, Krisen-, Entscheidungs- oder Übergangssituation zu befinden, ist willkommen.


aloys.news: Sie haben Ihrer Praxis den Namen eines spätantiken Philosophen gegeben. Ich nehme an, dass dies für einen humanistisch Gebildeten programmatisch gemeint ist?

Prof. Mayer-Tasch: Der Namensgeber für meine Praxis, der spätrömische Philosoph (und ostgotischer Staatskanzler) Boethius, hat in seiner etwa einjährigen Kerkerhaft das berühmte Buch vom „Trost der Philosophie" geschrieben. Danach wurde er – wohl zu Unrecht – im Jahre 525 wegen Hochverrats hingerichtet. Während dieser eigentlich trostlosen Zeit erschien ihm die Philosophie als Trösterin und hat ihn mit seinem Schicksal versöhnt. Die Geschichte der Philosophie lehrt uns auf überzeugende Weise, dass es im Hinblick auf die menschlichen Grundprobleme tatsächlich „nichts Neues unter der Sonne" gibt. Philosophie ist eine Wissenschaft, die von jeher Klärerin, Helferin und Trösterin in allen Lebenslagen war und ist. Während des gemeinsamen philosophischen Austausch- und Beratungsgesprächs werde ich darauf achten, dass der „Fluss des Lebens" im Blick auf das zur Sprache kommende Problem stets in Sichtweite bleibt. Im Unterschied zu manchen psychotherapeutischen Verfahrensweisen werden wir in unserem Gespräch also nie forciert etwa nach vom Üblichen abweichenden Verhaltensweisen suchen; auch soll niemand „behandelt" oder gar in vorgefertigte Schubladen gesteckt werden.


aloys.news: Würden Sie sich als philosophischen „Coach" bezeichnen?

Prof. Mayer-Tasch: Oh nein! Abgesehen davon, dass ich das modische Denglisch nicht schätze, werde ich niemanden „kutschieren", sondern höchstens beraten, jedenfalls aber versuchen, ein gutes Gespräch mit meinen Gästen zu führen.


aloys.news: Sie betonen den Charakter des „guten Gesprächs"?

Prof. Mayer-Tasch: Es gibt in der Tat Gespräche und es gibt „gute Gespräche". Das ist ein großer Unterschied. Ein Gespräch kann „gut tun". Genau das ist beabsichtigt. Das „Gut-Tun" kann in vielerlei Hinsicht geschehen. Eine Lösung kann sich ergeben, ein Silberstreif am Horizont sich zeigen - eine Stunde ist vergangen, in der man sich aufgehoben fühlte und neue Kraft für neue Perspektiven getankt hat. Dies alles kann ein gutes Gespräch leisten.


aloys.news: Worum wird es vor allem gehen?

Prof. Mayer-Tasch: Oh, da gibt es eine ganze Reihe von möglichen Fragen. Diese können sich etwa auf die persönliche Lebensorientierung beziehen: Wer bin ich eigentlich? Wer will ich sein? Wohin scheint mein Weg zu führen? Ist es der meinem Wesen, meinen Anlagen, meinen Möglichkeiten angemessene Weg? Wohin zieht es mich? Wohin möchte ich gelangen? Was ist – genau besehen – mein Wunschziel oder gar meine Bestimmung?

Aber auch Fragen zur beruflichen Ausbildung können drängend sein: Entspricht meine bisherige und jetzige berufliche Situation meiner Ausbildung und meiner Begabung? Hat mich das Leben tatsächlich zu dieser Tätigkeit „berufen"? Steht meine Arbeit im Einklang mit den Erfordernissen der Zeit, meinen fachlichen Fähigkeiten und – vor allem – mit meinen ethischen und sozialen Überzeugungen und Zielen? Auch können sich Fragen zur Neuorientierung nach altersbedingten oder sonstigen einschneidenden Veränderungen der eigenen Lebensumstände wie Ruhestand, berufliche Sackgassen, Verlust der wirtschaftlichen Existenz, Arbeitslosigkeit, Verlust des Partners oder sonstiger Angehöriger ergeben: Wie kann ich damit umgehen? Hat die als Verlust empfundene Veränderung auch eine positive Kehrseite? Bedeutet der Verlust nicht vielleicht auch eine Befreiung von Belastendem? Welche neuen Lebenschancen ergeben sich für mich aus dieser scheinbaren „Katastrophe", die schon sprachlich nicht mehr bedeutet als „Gegenwendung"?


aloys.news: Das ist ja ein weites Feld?

Prof. Mayer-Tasch: Und doch verengt sich dieses bei jedem Gespräch auf die spezifische Situation des jeweiligen Gesprächspartners bzw. der jeweiligen Gesprächspartnerin, auf die dann eine lebensgerechte Antwort gefunden werden kann. Dies kann dann sowohl im Blick auf den zeitlos aktuellen Weisheitsschatz der abend- wie der morgenländischen Philosophie geschehen – mit Sicherheit aber auch auf die Gegebenheiten und Erfordernisse unserer heutigen Zivilisation.


aloys.news: Wie gehen Sie vor und wieviel Zeit wenden Sie auf?

Professor Dr. Mayer-Tasch: Der Ablauf des Beratungsgespräches folgt keiner von vornherein feststehenden „Methode"– jedes Lebensproblem ist schließlich ein individuelles und besonderes. Der Weg – griechisch methodos – zu seiner Lösung ist daher auch ein jeweils spezifischer, der im Blick auf die philosophisch erschließbaren Schätze der Weltweisheit in jedem einzelnen Fall aufs Neue gesucht und gefunden werden muss.

Das Klärungsgespräch kann je nach Jahreszeit, Wettersituation und persönlicher Gemütslage des Praxis-Gastes entweder im Haus, im Garten oder – nach dem Vorbild des Athener Lykeions – der aristotelischen Akademie – „peripatetisch", d.h. bei einem Spaziergang, erfolgen. Die Terminierung erfolgt nach individueller Absprache. Auf besonderen Wunsch können unsere Gepräche auch zu eher ungewohnten Zeiten (abends oder samstags) angesetzt werden. Als Zeiteinheit für ein Gespräch empfiehlt sich in der Regel eine bis maximal zwei Stunden, auf keinen Fall mehr, da das im philosophischen Dialog Erörterte in Ruhe und mit zeitlichem Abstand durchfühlt und durchdacht werden muss, um dauerhaft Früchte tragen zu können.


aloys.news: Und wie halten Sie es in diesen Corona-Zeiten?

Prof. Mayer-Tasch: Bei gutem Wetter empfiehlt sich ein Spaziergang am See, bei schlechtem ein Gespräch mit deutlichem Abstand und eventuell einer leichten Maske.


aloys.news: Zum Schluss noch eine Gretchenfrage: Wie hoch sind die Kosten?

Prof. Mayer-Tasch: Mein Honorarsatz und die Telefonnummer für Terminabsprachen nenne ich in der website: www.philosophische-praxis-boethius.de. Am Regelsatz wird aber kein echter und ehrlicher Beratungswunsch scheitern.


aloys.news: Professor Mayer-Tasch, ich bedanke mich für das Gespräch. 

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Kommentare 1

Gäste - Dr Constantin Röser am Sonntag, 28. November 2021 20:52

Sehr geehrter Herr Professor Mayer-Tasch,
Sehr gut,aber mehr fällt mir ein zu
"Gespräche mit dem letzten Staufer",
Der er aber nicht war.noch lebte & kämpfte
Corrado v Antiochien,verewigt in Anticolli Corrado.Mit Enzio habe ich beim SWR-Rätsel Eintrittskarten zur Ritterausstellung in Speyer gewonnen & Castel del monte fasziniert mich,seit es zum ersten Mal im Geschichtsbuch sah.
Königin Helena ist verewigt in ihrer Sage & meinen Fortsetzungen "Herz aus Eis" &
"Kunde vom Liliensee" & letztlich ist meine
Ihrer zu Enzio vergleichbare Leidenschaft das Leben des befreiten Manfredsohnes Friedrich....
Meine Mutter fand vor fast 70 Jahren eine an ihn erinnernde Inschrift in Tipasa...
Interesse,Ihr Kommentar?!
Ganz herliche Grüsse

Sehr geehrter Herr Professor Mayer-Tasch, Sehr gut,aber mehr fällt mir ein zu "Gespräche mit dem letzten Staufer", Der er aber nicht war.noch lebte & kämpfte Corrado v Antiochien,verewigt in Anticolli Corrado.Mit Enzio habe ich beim SWR-Rätsel Eintrittskarten zur Ritterausstellung in Speyer gewonnen & Castel del monte fasziniert mich,seit es zum ersten Mal im Geschichtsbuch sah. Königin Helena ist verewigt in ihrer Sage & meinen Fortsetzungen "Herz aus Eis" & "Kunde vom Liliensee" & letztlich ist meine Ihrer zu Enzio vergleichbare Leidenschaft das Leben des befreiten Manfredsohnes Friedrich.... Meine Mutter fand vor fast 70 Jahren eine an ihn erinnernde Inschrift in Tipasa... Interesse,Ihr Kommentar?! Ganz herliche Grüsse
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