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"Massiv betroffener Bereich": Interview mit dem Leiter des Landsberger Stadttheaters, Florian Werner. Von Alois Kramer

Bereits vom ersten Lockdown war das Stadttheater Landsberg massiv betroffen. Foto: Alois Kramer

Landsberg am Lech – Glaubt man den Statistiken, so liegt die Kultur als Umsatzbringer an sechster Stelle in der Bundesrepublik. Das jedenfalls war jüngst von dem Startrompeter Till Brönner im Fernsehen zu hören – Der übrigens schon in Landsberg auf der Bühne stand. Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ist zudem zu lesen: „Seit Ende der 1980er Jahre entwickelte sich die Kultur- und Kreativwirtschaft zu einem der dynamischsten Wirtschaftszweige der Weltwirtschaft. Ihr Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtleistung (Bruttowertschöpfung) in Deutschland betrug im Jahr 2019 106,4 Milliarden Euro (der Anteil am Bruttoinlandsprodukt liegt bei 3,1 Prozent). Damit übertrifft die Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachen Wertschöpfung inzwischen andere wichtige Branchen wie die chemische Industrie, die Energieversorger oder aber die Finanzdienstleister. Nur der Fahrzeugbau erzielt mit aktuell 162,1 Milliarden Euro eine deutlich höhere Bruttowertschöpfung." Die Kultur leidet – wahrscheinlich mit der Gastronomie – am meisten unter dem Lockdown. Die kulturellen Einrichtungen gehörten zu den ersten, die schließen mussten und werden die letzten sein, die wieder öffnen dürfen. aloys.news hat sich mit dem langjährigen Leiter des Landsberger Stadttheaters, Florian Werner, über die aktuelle Situation an seinem Haus unterhalten – am Telefon.

aloys.news: Wie erleben Sie den gegenwärtigen Lockdown?

Florian Werner: Dieses Jahr hat uns einige Veränderungen gebracht. Aber das ist nicht schwer zu erraten. Seit der Bekanntgabe des zweiten Lockdowns bin ich am Telefonieren mit den Gastspielpartnern. Es müssen neue Termine ausgemacht werden. Der Spielplan für das nächste Jahr ist in Planung. Das ist nicht einfach, denn die Aufführungen müssen ja mit anderen Theatern koordiniert werden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Künstler Terminverschiebungen verstehen. Ich kenne aber auch Geschichten, wo der Kulturreferent einer Stadt dem Gastspielpartner eine Aufführung abgesagt hat und der dann beim Bürgermeister angerufen und sich beschwert hat. Wissen Sie, hier geht's ja nicht nur um die Schauspieler. An einer Aufführung „hängen" viel mehr Personen dran. Da sind die Beleuchter, die Tonleute, die Maskenbildner, die Kostümleute. Die haben alle nichts zu tun, wenn ein Stück ausfällt. Das ist übrigens beim Film ähnlich. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass wir von der Kultur ein massiv betroffener Bereich sind.

aloys.news: Wie läuft's mit dem Abonnement?

Florian Werner: Wir bieten momentan kein Abonnement an. Das macht keinen Sinn, wenn man nicht weiß, ob ein Stück aufgeführt oder ein Konzert veranstaltet werden kann. Nach den Erfahrungen mit dem ersten Herunterfahren des öffentlichen Lebens hatten wir die Tickets für's Theater jetzt im Herbst vier Wochen im voraus verkauft. Das hat ganz gut funktioniert. Im Frühjahr war das viel mühsamer. Da ging's in erster Linie um die Rückabwicklung der abgesagten Vorstellungen.

aloys.news: Das Theater ist jetzt geschlossen.

Florian Werner: Seit 2. November. Alle Aufführungen für den November sind abgesagt. Das ist natürlich sehr traurig. Für Mittwoch, 11. November wäre mit dem Stück „Ein deutsches Mädchen" eine Uraufführung des Landestheaters Schwaben nach der Autobiographie von Heidi Benneckenstein vorgesehen gewesen. Auch die Filmvorführungen laufen nicht. Karten, die gekauft wurden, geben wir zurück. Wir rufen die Leute an und informieren sie. Die Kontaktdaten haben wir über die E-Mail-Bestellungen. Wer an der Kasse das Ticket erworben hat, der hat uns ebenfalls Adresse und Telefonnummer gegeben.

aloys.news: Wie ging es eigentlich nach dem ersten Lockdown weiter?

Florian Werner: Nach der langen Pause ohne Veranstaltungen lief's erstaunlich gut. Wir hatten eine guten Sommer mit dem Freilichttheater. Da konnten wir etwa 100 Besucher zulassen. Von zehn Vorstellungen sind acht gelaufen. Zwei mussten wegen schlechten Wetters – nicht wegen Corona – abgesagt werden. Drinnen durften anfänglich 50 Zuschauer sitzen, dann 100. Natürlich war die Belegung ganz unterschiedlich. Das Publikum hatte zunächst selbst während der Aufführung Masken zu tragen. Dann im Sommer und Herbst wieder nicht, aber ab Oktober wieder.

aloys.news: Es gab im Saal eine eigene Sitzordnung, vermute ich?

Florian Werner: Ja klar. Ein ausgeklügeltes System. Wir hatten 3-er-Positionen, 2-er Positionen und Einzelplätze. Diejenigen, die in der Mitte der Reihe saßen, schleusen wir als erste rein. So kann verhindert werden, dass die an denjenigen vorbeigehen müssen, die außen sitzen. Damit das auch absolut verständlich für jeden ist, spielen wir eine Powerpointpräsentation im Foyer über der Garderobe ein. Viele ältere Ehepaare zeigten sich sehr zufrieden mit unserem Konzept. Von einigen hatte ich gehört: „Das Theater ist der einzige Ort, wo man sich sicher fühlt". Nun ist das bei uns im Stadttheater Landsberg überschaubar. Aber stellen Sie sich vor, Sie haben im Maxim-Gorki-Theater in Berlin im Foyer nicht mehr Platz als bei uns und trotz der Abstände immer noch deutlich mehr Personen im Saal als in Landsberg.

aloys.news: Das ist eine richtig logistische Arbeit?

Florian Werner: Stimmt. Aber wer Theaterarbeit macht, kennt sich auch mit Platzzuweisungen und Reservierungen aus. Das gehört zum täglichen Geschäft. Ich habe das eher sportlich gesehen.

aloys.news: Gehen Sie eigentlich noch ins Büro?

Florian Werner: Ja, am Abend. Meistens bin ich jedoch im Homeoffice. Aber es gibt doch immer etwas zum Unterschreiben. Das legen mir meine Mitarbeiter dann auf den Schreibtisch. Prinzipiell haben wir versucht in Teams zu arbeiten, die zu verschiedenen Zeiten anwesend sind. Klappt ganz gut.

aloys.news: Herr Werner, ich bedanke mich für das Gespräch 

Florian Werner leitet das Landsberger Stadttheater seit dem Jahr 2012. Archivfoto: Alois Kramer

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