Landsberg am Lech – Man möchte fast sagen, dass der 36. Landsberger Orgelsommer mit Pauken und Trompeten gestern endete. Stanislav Surin zog beim "Final" aus der Sonate Nr. 1 von Alexandre Guilmant (1902 - 1986) alle Register der großartigen Orgel von Mariae Himmelfahrt und entließ die rund 150 begeistert klatschenden Besucher in der Hoffnung auf einen nächsten, coronabefreiten 37. Orgelsommer. 

Mehr als 150 Zuhörer erlaubte das Hygienekonzept der Veranstalter für die beliebte Konzertreihe in der Stadtpfarrkirche nicht. Dazu kam mit dem Motto der Matinee "Bach & Bibel" eine Neuerung. Jeweils ein Gastredner wie etwa Alt-Oberbürgermeister Franz Xaver Rössle oder die ehemalige Kulturbürgermeisterin Sabine Knollmüller durfte über dieses Motto nachdenken. Nicht alle Vortragenden der kurzen, meist fünf- bis siebenminütigen Meditationen nutzten die Gelegenheit und zeigten sich dem Publikum. Sie zogen es vor aus dem Off zu sprechen. Viele verbanden eigene Gedanken mit Zitaten aus Gedichten, aus Büchern oder schlicht aus Gebeten. Einer der wenigen, die durchgängig nur selbst Verfasstes vortrugen, war der Physiker und Geigenbauer Martin Schleske. Er erwähnte die geistige Wirklichkeit der Gnade beim Hören von Johann Sebastian Bachs berühmter „Chaconne" auf einer Stradivari. Auch beim letzten Vormittagskonzert gestern rezitierte Dr. Michael Kirschner aus einem Gebet. Dieses Mal vom verschollenen Autor des "Kleinen Prinzen", Antoine de Saint Exupéry. Er plädierte für die Kunst der kleinen Schritte und appellierte an die Besucher, das Beste aus ihren Talenten zu machen. 

Wie souverän der Slowake Surin das Instrument beherrscht, war gleich zu Beginn an der "Corrente Italiana" aus der Feder des spanischen Komponisten Juan Cabanilles zu hören. Der Tanz des "spanischen Bach", wie der Katalane Cabanilles gerne auf der Iberischen Halbinsel genannten beginnt schlicht, mit einer eingängigen Melodie entwickelt sich jedoch im Verlauf zu einem sehr komplexen Werk. Obwohl es sich bei der "Corrente" um einen italienischen Tanz handelt, glaubt man doch, die typisch spanische Handschrift zu vernehmen.  

Wie echter Johann Sebastian Bach wirklich klingt, war an der Transkription eines Vivaldi-Konzerts Bachwerkeverzeichnis 593 wahrzunehmen. Es ist immer wieder erstaunlich wie der Barockmeister es schafft ein ganzes Orchesterwerk so in die Orgelregistrierung zu übernehmen, dass es als eine eigenständige Komposition erfasst werden kann. Vor allem schafft es Bach das Prinzip der Architektur des Stücks mit seinen Entsprechungen und Wiederholungen in der Gegenüberstellung von Tutti- und Soloabschnitten, bravourös zu lösen. 

Auch sehr gelungen ausgewählt hatte Surin die Sonate Nr. 2 in e-moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 - 1847). Sie gehören zu den sechs Orgelsonaten, die erst 1845 veröffentlicht wurden. Mendelssohn war mit dieser Publikation  der erste Komponist, der sich 100 Jahre nach Bach mit der Orgel auseinandersetzte. Das Werk passte gut zu Bach, hat es doch Anklänge an die klassischen Choräle aus der Barockzeit. 

Schließlich standen noch zwei Arbeiten von Surin selbst auf dem Programm. Besonders hervorstechend die "Fanfare für Alenka". Den Rausschmeißer machte er mit dem erwähnten "Final" von Guilmant.