Jeden Tag lesen Sie auf aloys.news eine Folge aus dem Buch des Dießener Journalisten Michael Fuchs-Gamböck. Es trägt den Titel "Er hatte sie alle. 50 Geschichten aus 25 Jahren Rock 'n' Roll-, Rock- & Pop-Abenteuer" und ist vor drei Jahren erschienen.

Folge 132: Interview mit David Byrne von den Talking Heads in Münchner Edelhotel Teil 2

FRAGE: Es bedarf einer bestimmten Courage, sein Album Feelings zu nennen, denn für dieses Wort gibt es so viele Bedeutungen wie Menschen, jeder stellt sich etwas anderes darunter vor. Und weil wir diesen Begriff so häufig und dabei in verschiedenen Zusammenhängen verwenden, erstarrt es zwangsläufig zum Klischee. War diese Überlegung vielleicht der Hintergrund, die Platte so zu betiteln?
BYRNE: Irgendwie schon, ich wollte einfach ein Schlagwort benutzen, zur Auswahl standen noch „ecstasy" oder „emotion". Ich glaube aber zudem, dass tatsächlich eine Menge „feelings" in dieser Scheibe stecken. Doch dadurch, dass es sich um Gefühle in Liedform handelt, sind sie von vornherein zum Klischee verdonnert. Aber eben wahre Klischees ... Macht das Sinn?

FRAGE: Ich denke schon ...
BYRNE: Dann bin ich froh!

FRAGE: Auf David Byrne hast du in den Texten sehr oft das Wort „ich" verwendet, du hast dich nicht mehr wie früher hinter fiktiven Charakteren versteckt. Auf Feelings hingegen stellst du uns wieder einige erfundene Zeitgenossen vor ...
BYRNE: Und dennoch ist diese Platte von den Lyrics her kein Rückfall in alte Zeiten, als ich richtiggehend Angst davor hatte, über mein eigenes Gefühlsleben zu schreiben, da ich so voller Angst und Neurosen und Paranoia war. Das ist heute kaum noch der Fall. Ich weiß nicht genau, wie diese Entwicklung vonstatten gegangen ist, doch ich spüre, dass ich mit den Jahren gelassener geworden bin.
Also: Auch wenn ich auf Feelings einige Charaktere erfunden habe, sind mir deren Gefühlsregungen sehr, sehr nahe. Diese Typen sind alle ein Teil von mir. Während ich früher lediglich die Außenwelt beobachtet habe, konzentriere ich mich heute ganz stark auf meine Innenwelt. Kein großer Schritt für die Songwriter-Clique, aber ein großer Schritt für mich.

FRAGE: Jedenfalls hast du den ironischen, zynischen Aspekt deiner Texte von einst weitgehend über Bord geworfen, stimmt's?
BYRNE: Kann sein! Wobei ich mich eh nie als Zyniker gesehen habe, stets als ein Mann mit einem etwas merkwürdigen Humor. Und der Humor ist nach wie vor wichtig für meine Texte, doch vielleicht bin ich etwas milder geworden im Lauf der Jahre.

Morgen geht das Interview mit David Byrne weiter