Folgenden Brief kam von Hans Dieter Sauer aus Berlin zu aloys.news. Der Diplom-Physiker und Autor von aloys.news aus Pähl hatte sich nach Berlin begeben um vor dem Reichstag gegen Russlands Überfall auf die Ukraine zu protestieren.
Lieber Alois,
hier ein kurzer Bericht über meine Aktion in Berlin.
Ursprünglich hatte ich die Idee von einem "Protestcamp" zwischen Kanzleramt und Reichstags. Ich hatte die Aktion auf Twitter angekündigt und zum Mitmachen aufgefordert. Ich erntete auch Zuspruch, aber zum Mitmachen war niemand bereit. Auch der Aufruf an einige Bekannte/Freunde in Berlin blieb erfolglos. Da ich die Aktion aber bereits angekündigt hatte, fuhr ich am Mittwoch, mein Himalayazelt im Gepäck und Christel als Begleitung gen Berlin. Meine Erkundigungen bei der Berliner Polizei, was dann passieren würde, wenn ich mein Zelt allein aufbauen würde, waren freundlich, aber eindeutig. Das sei eine nicht genehmigte Demonstration und sie würden einschreiten. Ich könnte mich aber mit einem Plakat an einem beliebigen Ort aufstellen und Flugblätter verteilen. Allerdings nur allein. Sei eine weitere Person dabei, sei es eine Demonstration und die müsse genehmigt werden und das brauche einen Vorlauf von mindestens 48 Stunden.
Damit war klar, was ich tun konnte. Ein Plakat malen, Flugblätter vervielfältigen und an einem geeigneten Ort aufstellen. In einer Postfiliale holte mir die Verkäuferin einen gefalteten Karton aus dem Lager und beklebte ihn von sich aus mit weißem Papier. Einen dicken roten Filzstift hatte ich mit nach Berlin genommen und so konnte ich im Hotel (Intercity Hotel am Bahnhof ) das Plakat malen. Auf dem Weg zum Reichstag landete ich meinen ersten Treffer. Eilenden Schrittes ging eine Frau an mir vorbei Richtung Bahnhof. Ich dachte, dass ist doch Karin Göring-Eckard. Schnell umgedreht und angesprochen. Sie war es in der Tat. Ich konnte ihr mein Flugblatt in die Hand drücken.
Am Donnerstagnachmittag und Freitagvormittag habe ich mich vor dem Osteingang des Reichstags postiert. Dort gehen die meisten Abgeordneten ein und aus. Ich ging jeweils nach folgendem Muster vor. Guten Tag/Morgen, sind Abgeordnete(r). Wenn Bejahung: Darf ich Ihnen mein Flugblatt überreichen. Etwa zwei Dutzend gingen mir ins Netz. Von einigen habe ich den Namen. Prominentester Fang: Rolf Mützenich. Er war wie fast alle in Eile, aber mit Jürgen Braun AfD und Stefan Wenzel GRÜNE konnte ich ein paar Worte wechseln
Wenn am Parlamentseingang kein Betrieb war, wanderte ich mit meinem Plakat durch die Gegend. Ich stieß auf drei Gleichgesinnte (siehe Fotos). Eine gerade in Berlin eingetroffene ukrainische Familie machte ein Foto mit mir und bedankte sich für meine Solidarität. Da wurde mir ganz anders. Man steht in der Frühlingssonne mit einem Plakat in Berlin und Ukrainer, die vor dem Krieg fliehen mussten, bedanken sich dafür.
Am Freitagnachmittag bin ich noch zur Fridays for Future Demo am Brandenburger Tor gegangen.
Mein Plakat wurde mit Wohlwollen betrachtet. Der Enthusiasmus und auch das Organisationstalent der jungen Leute ist zu bewundern. Sie hatten über 10 000 Leute zusammengebracht. Waren in einem langen Zug von Nähe Bahnhof zum Brandenburger Tor gezogen. Dort war eine große Bühne aufgebaut. Im Halbkreis um den Platz zahlreiche Stände von Umwelt/Klimagruppen.
Anschließen ging ich zur Russischen Botschaft. Dort würde, so hatte mir ein Fotograf gesagt, jeden Freitagabend zwischen 6 und 7 eine Protestkundgebung stattfinden. An Absperrgittern sind zahlreiche Protestplakate aufgehängt, Kerzen erinnern an die Opfer des Krieges, an einem Baum hängt eine ukrainische Fahne. Ein kleiner Chor Ukrainischer Frauen sang traurige Lieder, ein Mensch schwenkte eine ukrainische Fahne. Ein Handvoll Deutsche hatten sich eingefunden.
Ich musste daran denken, mit welcher Dynamik zuvor am Brandenburger Tor mehr "Klimaschutz" gefordert worden war. Das ist keine Kritik an den "Jungen". Warum bringen es die "Älteren" nicht zustande, mit gleicher Verve für die Ukraine einzustehen?
Was hat meine Aktion gebracht? Immerhin haben einige Bundestagsabgeordnete mein Flugblatt gelesen, so hoffe ich zumindest, und es nicht einfach in den Papierkorb geworfen. Vielleicht wird es sogar weitergereicht. Bei den mir nun namentlich bekannten Abgeordneten werde ich nachhaken.
Ich stand da als einziger am Eingang zum Parlament. Wenn dort aus jedem Wahlkreis eine Person stünde und mehr Unterstützung für die Ukraine forderte, könnte das durchaus einen Eindruck machen.
Beste Grüße, noch aus Nürnberg
Hans
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