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"Eine dauerhafte Entlastung kann es nur im Zusammenhang mit einer Umgehung geben": Die Oberbürgermeisterin von Landsberg, Doris Baumgartl, im Gespräch mit aloys.news

Die gebürtige Münchner Doris Baumgartl ist die erste Frau an der Spitze von Landsberg am Lech. Foto: Alois Kramer

Landsberg – Doris Baumgartl hat die Stichwahl vom 29. März gegen Amtsinhaber Mathias Neuner deutlich gewonnen. Die frühere Zweite Bürgermeisterin ist seit Anfang Mai Oberbürgermeisterin der Stadt Landsberg am Lech. Alois Kramer hat für aloys.news mit der 58-jährigen gebürtigen Münchnerin ein Interview geführt. 


aloys.news: Lassen Sie uns über Gefühle sprechen. wie fühlt es sich an nach Jahren in der zweiten Reihe auf dem Chefsessel zu sitzen?

OBin Doris Baumgartl: Ich denke, es hat weniger mit Gefühlen zu tun, als mit dem Wissen, Verantwortung zu tragen. Als 2. Bürgermeisterin der Stadt Landsberg und Stadträtin der UBV wollte ich, dass sich entscheidende Dinge ändern. Soweit das im Bereich meiner Möglichkeiten lag, habe ich das auch getan – beispielsweise ist es gelungen im Bereich der Kindertagesstätten ein zentrales Anmeldesystem einzuführen. Deshalb habe ich mich zur Wahl als Oberbürgermeisterin gestellt und dabei hatte ich das wohl nicht ganz unberechtigte Gefühl, dass viele Bürgerinnen und Bürger das genauso sehen. Jetzt trage ich die Verantwortung und das ist die Realität.


aloys.news: Gibt es drängende Projekte die Sie in Ihrer Amtszeit durchführen wollen ?

OBin Doris BaumgartlEs gibt vor allem Verschiebungen, die sich durch die Corona-Pandemie ergeben haben. Die finanzielle Lage unserer Stadt gehört dazu, nachdem Einnahmen weg brechen. Am drängendsten ist vor diesem Hintergrund die Frage, wie wir als Stadt aus dieser Krise hervorgehen. Niemand kann wissen, wie lange wir noch mit Corona leben müssen, was das im Einzelnen bedeutet. Im nächsten Jahr geht es im Wesentlichen um Bestandssicherung – Stadtmuseum, Jesuitenkolleg, Inselbad – , Investitionen in die Infrastruktur – Schule Schlossberg, Kita Reischer Talweg und Am Papierbach, Evangelischer Kindergarten und Neugestaltung Vorderer und Hinterer Anger –, und natürlich steht das Thema "Bezahlbarer Wohnraum" auf der Agenda. Um beim bezahlbaren Wohnraum zu bleiben: Das Thema ist noch wichtiger geworden. Die Corona-Pandemie zieht erhebliche Verschiebungen nach sich. Ein Beispiel: Homeoffice und Corona. Großstädter, die ihre hohen Mieten kaum bezahlen können, weichen auf den ländlichen Raum aus. Wenn schon von zu Hause arbeiten, dann in angenehmer Umgebung. Und Landsberg ist richtig attraktiv. Hier findet ein noch stärkerer Verdrängungsmarkt statt, wie ich ihn schon lange thematisiert habe. Mit der Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft kann günstiger Wohnraum auf Jahre hinaus gesichert werden. Daneben sind Verkehr und Umwelt Themen die uns immer begleiten und wo wir kontinuierlich an Verbesserungen arbeiten wollen.


aloys.news: Wie sehen Sie generell die Situation Landsberg? Politisch, wirtschaftlich, kulturell?

OBin Doris Baumgartl: Wirtschaftlich und kulturell hängen wir – wie gesagt – von den weiteren Entwicklungen ab. Ich bedauere zutiefst, was wir alle im kulturellen Bereich erleben müssen. Ich habe Verständnis für alle, die sich die größte Mühe gegeben haben, wie in der Gastronomie und in Kunst und Kultur, gute Konzepte zu erarbeiten und die jetzt so stark getroffen werden. Das betrifft alle, auch uns als Stadt. Kunst und Kultur sind ja ein Grundbedürfnis. Sie machen den Charakter einer Stadt wie Landsberg aus. Nicht zu vergessen, dass wir selbst ebenfalls Veranstalter in diesen Bereichen sind.


aloys.news: Der Verkehr über den Hauptplatz ist erschreckend. Gibt es da eine Lösung?

OBin Doris Baumgartl: Der Hauptplatz ist ein Nadelöhr. Heute mehr denn je. Der Individualverkehr nimmt aktuell zu, weil sich viele aus Angst vor Infektionen scheuen, Bahn und Busse zu benutzen. Inwieweit das eine Momentaufnahme ist, das müssen wir beobachten. Darüber hinaus arbeiten wir am Radwegekonzept und sind da auf einem guten Weg: Ziel ist es, sichere und bequeme Radwege auf allen Hauptverkehrsstraßen zu schaffen beziehungsweise attraktive Alternativrouten. Jeder Einzelne, der mit dem Rad fährt, kann den Verkehr entlasten. Der Stadtrat hat für die wichtigsten Straßen hier Planungen beauftragt, die nächstes Jahr vorgestellt werden. Beim ÖPNV gehen die Planungen zum MVV-Beitritt und damit einhergehend hoffentlich eine Verbesserung der Taktung und der Linienführung weiter. Eine dauerhafte Entlastung kann es nur im Zusammenhang mit einer Umgehung geben. Hier spielt die weitere Entwicklung beim Fliegerhorst Penzing eine Rolle. Die verkehrliche Anbindung hier kann langfristig nur über eine Umgehung erfolgen.


aloys.news: Was bedeutet für Sie Stadtentwicklung?

OBin Doris Baumgartl: Ein gemeinsames Wir mit Augenmaß. Sich unserer jahrhundertelang gewachsenen Traditionen und unserer Geschichte bewusst zu sein und sie in eine von neuen Technologien und deren Möglichkeiten bestimmten Gegenwart in die Zukunft zu entwickeln, im Sinne eines Generationen übergreifenden Gemeinsinns, bei dem wir die Schwächeren und Älteren als Teil unserer Gemeinschaft begreifen und sie uns übrigens auch.


aloys.news: Wie ist die Zusammenarbeit im Stadtrat mit den verschiedenen Parteien?

OBin Doris Baumgartl: Konstruktiv, zielorientiert und wertschätzend. Jeder Stadtrat übt dieses Amt ehrenamtlich aus, investiert viel Zeit und Engagement. Meinungen können unterschiedlich sein, das ist Teil unserer Demokratie. Was uns alle eint, ist, dass wir Landsberg weiter entwickeln und unsere hohe Lebensqualität erhalten wollen. Ich finde, das ist eine sehr gute Basis für eine Zusammenarbeit.


aloys.news: Was hätten Sie denn gerne realisiert, von dem Sie aber wissen dass es extrem schwierig sein würde?

OBin Doris Baumgartl: Stellen Sie mir diese Frage in einem Jahr, dann wissen wir alle mehr. Ich bin jetzt seit Mai 2020 im Amt, wir stehen am Anfang. Schwierig sind in der aktuellen Situation nahezu viele Dinge und trotzdem ist es unsere Aufgabe sie mit Energie und Mut anzupacken. 

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