Dießen/New York – Die Springen der Vierschanzentournee sind für mich Pflicht. Schon als Kind saß ich im Winterurlaub im Salzkammergut vor dem Fernseher, fieberte mit den Skispringern mit. Meine Helden in den späten 60er Jahren waren der norwegische Doppel-Weltmeister Björn Wirkola und der tschechoslowakische Olympiasiger Jiří Raška, auch den Schweizer „Vogelmensch" Walter Steiner fand ich gut. Später, Ende der 80er, musste ich über den „schlechtesten Springer der Welt" lachen – auch wenn ich ihn für seinen Mut zutiefst bewunderte. Ich ahnte damals noch nicht, dass ich Eddie Edwards, den kurzsichtigen Engländer, der als „Eddie the Eagle" für Schlagzeilen sorgte und 1988 sogar für Großbritannien an den Olympischen Spielen in Calgary teilnahm, mal persönlich kennen lernen und mit ihm durch den „Big Apple" ziehen sollte.
Es war im Winter 1995. Kurz vor Weihnachten charterte der österreichische Bau-Löwe „Mörtel" Lugner einen Flieger nach New York, packte ihn voll mit bekannten, meist ehemaligen Ski-Sportlern, ein paar österreichischen Promis und einer Handvoll Journalisten. Eine völlig verrückte Aktion! Das Ziel war New York. Und der Zweck der Reise: Werbung für die Skiflug-WM 1996 am „Kulm" in der Steiermark. Unglaublich, aber wahr: Deshalb fand am Fuße des World Trade Centers ein Skisprung-Wettbewerb statt. An- und Abreise vom Hotel am Times Square zur Schanze: In voller Montur mit Skistiefeln und Skiern in der U-Bahn. Die ungläubigen Blicke der „normalen" New Yorker Passagiere werde ich nie vergessen, als ich da mit Michael Veith, Jochen Danneberg, Franz Klammer und eben diesem „Adler" Eddie unterwegs war.
Wir hatten zusammen ein paar Tage richtig viel Spaß in New York. Eddie, der ja eigentlich Michael heißt, war ein witziger, humorvoller Gesprächspartner, der null Star-Allüren hatte, obwohl ihn jeder kannte, der auch nur klein bisschen was mit Skispringen zu tun hatte. Eddies Leben wurde 2016 sogar verfilmt. „Eddie the Eagle – Alles ist möglich", heißt der Streifen über den gelernten Maurer, der immer davon träumte, Skispringer zu werden. Und sich diesen Traum auch erfüllte. Seine persönliche Bestweite von 71,5 Metern in Calgary waren britischer Olympiarekord.
Nach unserem gemeinsamen New York-Trip haben wir noch ein paarmal telefoniert, meine Kollegin Kristina, die Skisprung-Expertin, richtete mir nach einem Interview mit Edwards vor ein paar Jahren Grüße aus. Danach riss der Kontakt leider ab.
So viele nette Erinnerungen – vielleicht sollte ich Eddie demnächst mal wieder anrufen...