Schriftgröße: +
4 Minuten Lesezeit (749 Worte)

Archäologische Ergebnisse vom Schlossberg: Bronzezeitliche Burg oder Siedlung wurde Opfer eines offenbar heftigen Feuers

Eine bronzezeitliche Burg oder Siedlung wurde Opfer eines offenbar heftigen Feuers und von den Überlebenden nicht wiederaufgebaut. Das Feuer war offenbar so stark, dass sich die Erde rot färbte. Bild: Phoinix Archäologie

Landsberg am Lech – Im Zeitraum von August 2023 bis Juni 2024 führten Archäologen auf dem Schlossberg von Landsberg Bodenuntersuchungen durch, um die archäologische Situation dort besser einschätzen zu können. Dazu wurden Bodenschnitte in drei Bereichen gesetzt: nördlich des Schulgebäudes im Bereich des geplanten Neubaus, unter dem Keller des Altbaus sowie unter der Bodenplatte des Flachdach- Anbaus, der im Vorjahr abgerissen worden war. Die Ergebnisse stellten Ines Gerhardt vom Büro Phoinix Archäologie sowie Bodendenkmalpfleger Dr. Jochen Haberstroh vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege am Mittwoch Abend in einer öffentlichen Sitzung des Landsberger Stadtrats vor.

Die wichtigste Erkenntnis lautet: Aus den aktuellen Ergebnissen resultieren aus Sicht der Bodendenkmalpflege keine neuen Gesichtspunkte im Hinblick auf die Planung und Umsetzung der Grundschule am Schlossberg. Das heißt, die bestehende Planung wird nicht beeinträchtigt.

Ergebnisse im Bereich des abgebrochenen Flachdach-Anbaus (Süden)

Eine Überraschung erlebten die Archäologen Ines Gerhardt zufolge im Bereich des abgebrochenen Flachdach-Anbaus. Zwischen den Streifenfundamenten des Anbaus im westlichen Bereich des Abbruchfeldes sind archäologische Befunde erhalten. Zu diesen zählt etwa eine spätrömische Kulturschicht aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. mit Scherben, Münzen und kleinteilig zerschnittenen Bronzegegenständen, die wohl zum Einschmelzen gedacht waren.

Im mittleren und östlichen Bereich des abgebrochenen Anbaus knüpften die aktuellen Bodenuntersuchungen an Ergebnisse früherer archäologischer Untersuchungen aus der Bauzeit des Anbaus 1968/69 an. Offenbar befanden sich an dieser Stelle eine befestigte Siedlung oder eine Burg, die auf 1400 v. Chr. Datiert wird, also auf den Übergang der Frühen zur Mittleren Bronzezeit. Jene Zeit ist dafür bekannt, dass einige Höhensiedlungen entlang von Flüssen in Flammen aufgingen und zerstört wurden. Die Siedlung oder Burg auf dem heutigen Schlossberg bestand aus einem aufgeschütteten Wall mit einer Mauer aus Steinen und vorgelagerten Palisaden aus Holz und Erde. Den Untersuchungen zufolge stürzte die Mauer damals ein, darunter finden sich in einer Holzkohleschicht viele im Feuer verglühte Gefäße sowie verbrannte hölzerne Einbauten in den Palisadengräben vor der Mauer. Das Feuer war damals offenbar so stark, dass sich die Erde vollständig rot verfärbte. Die Archäologen vermuten, dass die Zerstörungen groß und die Umstände insgesamt sehr unsicher gewesen seien, sodass die Überlebenden den Ort verließen und nicht zurückkehrten. Auch die Einheitlichkeit der gefundenen Keramik spricht laut Ines Gerhardt dafür, dass die bronzezeitliche Anlage nicht lange bestanden habe.

Ergebnisse im Bereich des geplanten Neubaus (Norden)

Nördlich des bestehenden Schulgebäudes, also im Bereich des geplanten Neubaus, legten die Archäologen im Westen, Norden und Osten drei Suchschnitte an. Die bis 2,10 Meter tiefen Schnitte sollten Aufschluss darüber geben, wie viel Substanz möglicherweise zu erwarten ist. Ergebnis: Obere Schichten wie Humus und Auffüllschichten aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts können unter Aufsicht eines Archäologen mit dem Bagger abgetragen werden. Dieses Vorgehen ist mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgesprochen. Darunter befindet sich eine gut abgrenzbare, dunkle Schicht. Ab dieser Schicht sollte der Boden bis zur gewünschten Zieltiefe von Hand abgetragen werden, empfehlen die Archäologen.

Ergebnisse im Bereich des Altbaus

Da die Lüftungsanlage für den Neubau ursprünglich im nördlichsten Kellerraum des bestehenden Schulgebäudes untergebracht werden sollte, legten die Archäologen auch hier drei Suchschnitte an. Die Funde liegen zum Teil direkt unter der Bodenplatte des Kellers wie etwa eine mindestens 1 Meter starke von West nach Ost laufende Mauer, an die sich eine weitere 1,30 Meter breite Mauer rechtwinklig anschließt und sich nach Norden fortsetzt. Das Mauerfundament aus Gussmörtelmauerwerk ist noch 35 cm tief erhalten. Beide Mauern wurden gleichzeitig errichtet und gehören möglicherweise zum Tor des inneren Burghofes als Teil der mittelalterlichen Burg. In der Schicht neben und unter diesen Mauern fanden die Archäologen Keramik sowie das Bruchstück eines Kammes aus dem Frühen oder Hohen Mittelalter, also aus der Zeit vor oder während der Errichtung der großen, bekannten Burganlage.

Ein weiterer Suchschnitt zeigte ebenfalls archäologische Befunde direkt unter der Bodenplatte. In diesem Fall waren es Pfostengruben der Bronze- oder Urnenfelderzeit (ca. 1400 bis 800 v. Chr.) unter einer gleichzeitigen Kulturschicht.

An der Sohle des dritten Suchschnitts im Keller, an der äußeren nordwestlichen Kellerwand, kam der natürliche Fels einer Höhe von 620 Meter. Die durchgeführten Untersuchungen geben Hinweise, dass der anstehende Fels unregelmäßig und in unterschiedlicher Höhe verläuft.

Dr. Jochen Haberstroh vom Landesamt für Denkmalpflege wertete die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen auf dem Schlossberg als archäologisch sehr spannend. Nach aktuellem Kenntnisstand rechnet er im Norden des bestehenden Schulgebäudes mit rund 1,50 bis 2 Meter starken Schichten, in denen archäologische Funde erwartbar sind. Mit Blick auf die nächsten Schritte verwies er im Rahmen der Stadtratssitzung auf die notwendige Konkretisierung der Planungen für die Schlossbergschule, um den noch erforderlichen archäologischen Aufwand besser abschätzen zu können.

0
×
Stay Informed

When you subscribe to the blog, we will send you an e-mail when there are new updates on the site so you wouldn't miss them.

Bayernausstellung 2025: „Projekt Freiheit – Memmin...
"Das Labyrinth": Sparkassen-Stiftung unterstützt i...

Ähnliche Beiträge

 

Kommentare

Derzeit gibt es keine Kommentare. Schreibe den ersten Kommentar!
Bereits registriert? Hier einloggen
Mittwoch, 22. Januar 2025

By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://aloys.news/

Anzeige
Anzeigen
Werben bei aloys.news
Gärtnerei Niedermeier

Beliebteste Artikel

11. September 2024
Aktuelles
Ammersee West – Wir informieren Sie täglich auf aloys.news über die aktuellen Temperaturen bayerischer Seen: Ammersee 20 Grad (6 Uhr, Stegen), Starnberger See 20,7 Grad (6 Uhr, Starnberg), Bodens...
41959 Aufrufe
23. Juni 2021
Aktuelles
Starnberg/Herrsching – Folgende Pressemitteilung bekam aloys.news gestern von der Gemeinde Herrsching: Liebe Bürger*innen, derzeit häufen sich wieder die Hinweise auf Zerkarienbefall bei Badenden. Vor...
17158 Aufrufe
15. August 2021
Meinung
In eigener Sache – Es wird keinen Lockdown mehr geben, versprechen uns die Politiker. Statt dessen kommt 3G. Gekauft, gekühlt, getrunken? Schön wär's. Geimpft, genesen, getestet. Ich als Eure Gastgebe...
13099 Aufrufe
09. April 2021
Aktuelles
Landkreis Landsberg am Lech – Antigen-Schnelltests haben ihren Namen daher, weil das Ergebnis schnell vorliegt. Sie können nur durch geschultes Personal durchgeführt werden – dafür wird ähnlich w...
11964 Aufrufe
01. Juli 2020
Aktuelles
aloys.news ist das regionale, kostenfreie Online-Portal für aktuelle Nachrichten, Meldungen und Beiträge aus den Landkreisen Landsberg am Lech, Starnberg, Fürstenfeldbruck und Weilheim-Schongau. ...
11606 Aufrufe