Jeden Tag lesen Sie auf aloys.news eine Folge aus dem Buch des Dießener Journalisten Michael Fuchs-Gamböck. Es trägt den Titel "Er hatte sie alle. 50 Geschichten aus 25 Jahren Rock 'n' Roll-, Rock- & Pop-Abenteuer" und ist vor drei Jahren erschienen.

Folge 144: Provokation um der Provokation willen: Rammstein erklären nur sich selbst, nicht die Welt.

FRAGE: Fechten euch diese Faschismus-Vorwürfe eigentlich noch an? Oder kokettiert ihr mittlerweile vielleicht mit diesem Image?

LANDERS: Nochmals: Wir sind Deutsche, wir singen Deutsch, wir fühlen uns wie Deutsche. Und das war's auch schon an Gemeinsamkeiten mit diesem Land. Dass diese Nation unter Adolf Hitler für zwölf Jahre in unselige Hände fiel, ist schlimm. Aber man kann das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen. Doch es gab auch ein anderes Deutschland, etwa das der 20er-Jahre, in dem Brecht/Weill gearbeitet haben. Im Übrigen die Phase, in der ich am liebsten in Deutschland gelebt hätte, weil sie sehr spannend gewesen sein muss. Leider werden solche Jahrzehnte von vielen Menschen – besonders von den Medien – nur zu gerne vergessen. Die Leute haben anscheinend die Fähigkeit, sich ausschließlich an das Unerfreuliche zu erinnern.

FRAGE: Trotzdem: Belastet euch dieses Image der „Fascho-Rocker", das euch anhaftet?
LANDERS: Ja – es ist das einzige an unserem Erfolg, das uns wirklich sehr ankotzt. Man kann uns sicher eine Menge anlasten, aber diesen Scheiß nun überhaupt nicht. Ich will nicht, dass man uns in der Öffentlichkeit so sieht! Wir haben nur keine Ahnung, wie wir diesem Stigma entkommen könnten. Denn wenn du dich dagegen zur Wehr setzt, glaubt man dir dieses Engagement nicht. Und wenn du dich nicht zu diesen Vorwürfen äußerst, wird dir das als Zustimmung ausgelegt. Ein Teufelskreis, keine Frage.
SCHNEIDER: Andererseits – stell dir mal vor, wir würden unseren Stil und unser Image in die Richtung ändern, wie die Kritiker es sich wünschen. Also: Wir legen uns einen anderen Bandnamen zu, lassen uns die Haare wachsen, hören auf der Bühne mit dem Feuerwerk auf und spielen saubere, nette Popmelodien. Was bleibt dann noch übrig von uns? Nichts! Wir stehen da, wo wir stehen, weil wir so sind, wie wir sind. Das ist unser Weg!
Zumindest sind wir inzwischen nicht mehr alleine, was den Faschisten- Vorwurf der Medien angeht. Da wird derzeit ganz schön ausgeteilt. So mussten inzwischen auch Die Ärzte oder Die Krupps sich mit diesem Vorwurf auseinandersetzen. Es scheint, dass man schon Faschist ist, wenn man als Popmusiker Deutsch singt oder auf härtere Töne steht. Was gerade in diesem Land passiert, ist einfach unglaublich!
Auch manipuliert wird da auf Teufel komm raus, nur damit die Story stimmt. So hat etwa MTV vor einigen Monaten einen Tourneebericht über uns fabriziert, dabei aber unsere Interviewstatements dermaßen aus dem Zusammenhang gerissen und so zusammengebastelt, dass in der Tat jeder denken muss, wir wären Nationalisten. So was halte ich wiederum für faschistoid. Alles, was fremd ist, wird von deutschen Journalisten niedergemacht. Wir von Rammstein kommen uns manchmal vor wie Fremde im eigenen Land.


Fortsetzung folgt