Folge 36
Der Hafenmeister von Gibraltar war nicht zu beneiden. Rein menschlich gesehen, wäre man dazu geneigt zu sagen, das Schiff solle sofort den Hafen verlassen., weil es das Gastrecht verletzt hat. Diese Entscheidung dürfte der Dimension wegen auch gar nicht mehr unter seine Kompetenz gefallen sein. Aber persönliche Emotionen haben in der Diplomatie im Interesse der Staatsraison zurückzustehen. -Es ist mir nicht bekannt, wie die Sache ausgegangen ist, denn wir verließen kurz darauf Gibraltar.
Seit meiner Kindheit durchquerte ich zum ersten Mal wieder den Suezkanal, diesmal in südlicher Richtung. Der Suezkanal lag in gleißender Sonne vor uns, unerträglich für den, der keine Sonnenbrille dabei hatte. Port Sudan und Massawa blieben mir in Erinnerung durch die Berge von weißen Korallen, die dort am Kai lagen. Dieser nach heutigen Begriffen Frevel kam durch die Erweiterung der Hafeneinfahrt zustande. Ein schönes Stück liegt heute noch in meiner Vitrine, neben dem Walfischzahn.
In Karachi sollten wir eine Übertragung von Familiengrüßen von zuhause empfangen. Unsere Angehörigen haben die Reise zum heimischen Weltrundfunksender Hilversum leider umsonst angetreten, denn starke atmosphärische Störungen verhinderten den Empfang, trotzdem ich den Empfänger mit der Sendeantenne verbunden hatte und wiederholt wurde sie nicht.
Bombay, heute Mumbai, bietet viele Sehenswürdigkeiten, die zum Teil noch aus der britischenKolonialzeit stammen. Die Bekannteste ist wohl das Gateway of India, ein Torbogen, ähnlich dem Triumphbogen in Paris. Er sollte der Ausschiffungsort für die Passagiere sein, die mit den P&O Dampfern aus England kamen, die dann sofort im feudalen Hotel Taj Mahal absteigen konnten. Vom Hotel Taj Mahal wird immer, auch noch in meiner Zeit, behauptet, der Erbauer hätte den Bauplan des Architekten verkehrt herum verwirklicht, sodass die U-förmige Öffnung statt zum Meer nun zur Landseite zeigt. Die Annahme scheint aus heutiger Sicht nicht wahr zu sein. Egal.
In Bombay machte sich, unbemerkt von hinten kommend, einer der vielen „fliegenden" Maniküre an meiner linken Hand zu schaffen. Er machte seiner Zunft der „flying manicure" alle Ehre, nachdem ich ihn mit einem kräftigen Fußtritt 20 Meter durch die Luftdahin beförderte, wo er herkam. Inzwischen hatte er aber schon Schaden angerichtet. Er hatte mich in den Zeigefinger geschnitten, was sich auf der Fahrt nach Madras bemerkbar machen sollte. Südlich von Ceylon entzündete sich der Finger so heftig, dass der erste Steuermann mich eines Nachts, bewusstlos vor Schmerzen, halbnackt an Deck fand. Keine Ahnung, wie ich da hin kam. Vor Madras hatten wir dann noch einen Tag Aufenthalt wegen eines Motorschadens, bevor ich dort ins Krankenhaus kam und zunächst mit einer falschen Diagnose operiert wurde. Drei Wochen lang musste der Finger in eine heiße, konzentrierte Salzlauge getunkt werden, als dann doch der Finger amputiert werden sollte.
Der Kollege-Operateur war schon im Hause und alles war vorbereitet, als bei einem letzten Laugenbad die schwarz-gelb-rot-grün-blaue Hülle sich wie eine Schlangenhaut vom Finger löste. Welch ein Wunder! Dem Penicillinpulver (und dem Arzt) sei's gedankt, denn er hatte die Wunde jeden Tag mit dem Wundermittel eingestreut. Das hat mir den Finger gerettet. Aber die erlittenen Schmerzen gönne ich meinem schlimmsten Feind nicht! Drei Wochen war ich dort Hahn im Korb mit den hübschesten Krankenschwestern, die man sich vorstellen kann. Die Inderinnen sind
Meine sechs Schätze mit Hund vom Krankenhaus unvorstellbar hübsch, insbesondere dieInderinnen, die europäisches Blut in den Adern haben. Dann kam ein Belgier, der schon in der ersten Nacht versuchte, eines dieser Engelswesen zu vergewaltigen. Er wurde sofort hinausgeworfen. Dieser Idiot hatte mich tags zuvor zur Tigerjagd in Bangalore eingeladen. Daraus wurde nun nichts. I was not amused.
Es folgten drei weitere Wochen der Rekonvaleszenz, in denen ich Madras erkunden konnte, denn die „Gadila" sollte dann wieder „vorbei" kommen, um mich abzuholen und mein Stellvertreter flog nach Singapore zurück. Erst quartierte man mich im very british uralten Kolonialhotel Queen Victoria ein, ein Privileg, das ich der gesamten Ausstattung und der englischen Verpflegung wegen(Stichwort „porridge") damals noch nicht zu schätzen wusste. I was not amused! Man siedelte mich dann nach Protest in das moderne Connemara-Hotel um, in dem ich am Liebsten mein ganzes weiteres Leben verbracht hätte. Riesiges Zimmer, ein ebensolches Badezimmer, jeden Tag die „Times of India" mit Winston Churchill-Zigarre, ein hervorragendes Essen all you can eat („you likie some more chicken?"), passend zum 5-Sterne-Status und abends indischen Tanz mit den Schönheiten der Stadt Madras. Das Hotel ist auch heute noch empfehlenswert! -Vor zweitausend Jahren hatte Apostel Thomas dort zuletzt gewirkt, bevor man ihn eines Märtyrertodes hat sterben lassen. Es gibt ein Büchlein darüber, es heißt „Blood on the Mount?" Man schämt sich noch heute darüber, denn Madras hat immer noch eine große Christengemeinde.
Fortsetzung folgt
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