Gauting – Olaf Gulbransson war ein Urgeschöpf als Mensch, voller Liebe zu aller Kreatur und der Natur als Ganzer. Gulbransson erkannte die Menschen, indem er ihr Inneres erspürte, ja förmlich erschnüffelte, und er konnte sie zeichnen, auf ihren Punkt bringen. Er war nicht nur ein genialer Künstler, wie jeder Mensch war er auch widersprüchlich – privat, künstlerisch und politisch. Der Literaturwissenschaftler und Autor Gerd Holzheimer hat sich in einer jetzt im Münchner Allitera Verlag erschienenen Biographie dem großen Zeichner, Maler und Menschen Olaf Gulbransson genähert.

Von seiner Geburt 1873 im heutigen Oslo bis zu seinem Tod auf dem Schererhof, hoch über dem Tegernsee, geht Gulbranssons Weg. Künstlerisch von ersten Veröffentlichungen in norwegischen Satirezeitschriften wie „Trangvikposten" bis zum kühnen Einfall des Verlegers Albert Langen, diesen jungen Mann 1902 aus Norwegen nach München zur später berühmten Satirezeitschrift „Simplicissimus"zu lotsen, lässt sich in der Biographie von Gerd Holzheimer Gulbranssons Entwicklung zum „genialen Strich" verfolgen, ebenso wie zu nachgerade zenbuddhistischen Aquarellen etwa des Hirschbergs.

Die Biographie umfasst zahlreiche bislang unbekannte Dokumente und Briefe – rund 150 Fotografien, Zeichnungen und Bilder wurden in dem Werk aufgenommen. Auf 328 Seiten geht Holzheimer ebenso auf Gulbranssons Leben in Norwegen und die daraus resultierenden Einflüsse ein, wie auf die Integration des Künstlers in die Schwabinger Boheme in München und sein Leben am Tegernsee. Gleichzeitig setzt er sich aber auch mit dessen umstrittenen Lebensphasen auseinander.

Zeichnete Gulbransson vor 1933 noch bissige Karikaturen gegen die Nationalsozialisten, verhielt er sich nach deren Machtergreifung eher unkritisch. In Deutschland konnte Gulbransson auch deswegen bleiben, weil er unter dem Schutz von NS-Außenminister Ribbentrop stand. Freunde und Bekannte bezichtigten ihn als Kollaborateur und distanzierten sich von ihm. War Olaf Gulbransson nun ein stoischer Opportunist oder ein Mitläufer? Hat er sich angepasst oder war er einfach nur „ein sturer Hund"? Auch diesen Fragen geht der bei München lebende Autor nach.

„Es kann nur eine Fügung sein, dass ich so aussehe wie er", bekennt Holzheimer, der nicht ohne Stolz Gulbranssons Brille trägt. „Ein Geschenk seiner Enkelin". Gulbranssons zeichnerisches Werk habe Holzheimer schon in jungen Jahren begleitet. „Mich fasziniert sein Minimalismus und sein Humor." Auch Gulbranssons Heimat Norwegen besuchte Holzheimer mehrfach, zuletzt 2021.

Olaf Gulbransson, geboren 1873 in Oslo, war ein norwegischer Maler, Grafiker und Karrikaturist. Internationale Bekanntheit erlangte er als Zeichner der Satirezeitschrift „Simplicissimus". Befreundet war er unter anderem mit Richard von Below, Herbert von Richthofen, Max Liebermann, Paul Wegener und Heinrich Zille. Zusammen mit Edvard Munch war er Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in München. 1929 kaufte der Wahlbayer den Schererhof, ein altes Tegernseer Bauernhaus, wo er 1958 im Alter von 86 Jahren starb. Heute erinnert das Olaf Gulbransson Museum in Tegernsee an den großen norwegischen Künstler.

Gerd Holzheimer ist Autor und literarischer Landvermesser, Leiter literarischer Exkursionen zwischen Würm, Amazonas, Mandovi-River und Ammer oder Amper. Er wirkte an dem Film „Trüffeljagd im Fünfseenland" mit und schrieb Buch und Drehbuch dafür. Der Verfasser von rund 30 Büchern ist künstlerischer Leiter der Veranstaltung „Literarischer Herbst" im Landkreis Starnberg und Herausgeber der Zeitschrift „Literatur in Bayern". In Bayern wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt. 2015 war der Münchner Turmschreiber Kulturpreisträger des Landkreises Starnberg. Gerd Holzheimer lebt in Gauting, im Süden von München.

Gerd Holzheimer hat eine fulminante Biographie des Meisters geschrieben, nach deren Lektüre man das Gefühl hat, diesen kraftstrotzenden Gefühls- und Seelenmenschen persönlich zu kennen. (...) Unbedingt anschauen und lesen."
Wolfgang Görl, MUH 3/2021

Olaf Gulbransson – Eine Biographie von Gerd Holzheimer
Allitera Verlag | ISBN 978-3-96233-2359 | 328 Seiten | Hardcover | 28 Euro

https://www.allitera-verlag.de

Gerd Holzheimer. Foto: