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„Ich lebe den feministischen Traum“ Ein Besuch bei Rebecca Mack von Elmenau

Bild aus der aktuellen Serie "This is a piece of art..." Foto: Carmen Tagliapietra

Rebecca begrüßt mich herzlich. Sie ist in Begleitung von zwei Windhunden und einer kleinen Mischlingshündin an´s Hoftor gekommen und bittet mich herein. Die Hunde stammen allesamt aus dem Tierschutz, wie meine Gastgeberin erzählt. Auf der Terrasse genießen wir den Blick über Wiesen, Weiden und Felder, bis hin zum Waldrand.

„Ich bin privilegiert" sagt Rebecca völlig uneitel. „und genieße es, mein eigenes Reich zu haben. Ich muss das Anwesen natürlich pflegen, Arbeit investieren, darf den Überblick nicht verlieren, aber ich bin definitiv ein Glückskind". Sie erzählt, wie wichtig die Natur für sie ist: „Eine Stunde im Wald ist unendlich erholsam. Deshalb habe ich mich vor kurzem entschieden, eine Weiterbildung in Waldtherapie zu machen und künftig erholungssuchenden Menschen konkret Hilfe anbieten zu können."

Während wir uns unterhalten, kommt eine Mitarbeiterin vorbei und berichtet über das entzündete Auge eines Ponys und dessen Behandlung, ein defektes Arbeitsgerät und dass leider, über Nacht, ein Huhn weniger im Stall sei. Rebecca ist in diesen Momenten voll und ganz Landwirtin. Ich spüre ihre Liebe zu den Tieren und ihr Verantwortungsbewusstsein für den Hof, den sie 2014 von ihrer Mutter übernahm.

Anfangs vermietete die passionierte Reiterin die Boxen ihres Pferdestalls an einzelne Reiter*innen und bot einen arbeitsintensiven Rundumservice mit Füttern und Misten an. Mittlerweile vermietet sie nur noch ihre drei Offenställe. Bei dieser gesunden und artgerechten Haltungsform kümmern sich die Pferdebesitzer*innen in Eigenregie um ihre Pferde. Rebecca stellt Stall, Weideland und Futter zur Verfügung und hat wesentlich mehr Zeit für ihre vielfältigen künstlerischen Aktivitäten.

Die Dramaturgin sagt: „Ich lebe den feministischen Traum, auch weil ich finanziell unabhängig bin. Ich mache mein eigenes Ding. Das ist für mich auch der Schlüssel beim Thema Emanzipation. Wir müssen die jungen Mädels pushen, dass sie richtig viel Selbstbewusstsein haben, eine „Person" sind, selbst für sich einstehen können. Ich rate jungen Menschen immer, geht in das Land, das Euch interessiert. Beißt Euch durch."

Sie erinnert sich an ihrer eigenen ersten Schritte in Richtung Unabhängigkeit: „Ich wusste immer schon, dass ich Künstlerin werden möchte. Mit Anfang zwanzig nahm ich einen Assistenzjob bei dem italienischen Maler Aldo Mondino an. Es war Herbst, der Nebel hing über dem Piemont. Die Einwohner des 600 Seelendorfes schienen mit ihren Blicken zu sagen: „Was willst Du denn hier?" Ich kannte niemanden, sprach kein Wort italienisch. Drei Monate verbrachte ich meine freie Zeit einsam in meinem Zimmerchen. Eines Abends hielt ich es nicht mehr aus. Ich bin allein in eine Bar gegangen und hab mir einen Baileys auf Eis bestellt. Charly, der Barkeeper, war der erste Mensch dort, mit dem ich gesprochen habe. Seine Frau saß an der Kasse, mit ihr bin ich als nächstes ins Gespräch gekommen. Es dauerte drei Wochen, dann kannte ich das ganze Dorf." Rebecca schließt tiefe Freundschaften, die bis heute bestehen. Sie fühlt sich in Italien „wie in einer großen Familie." Wenn sie mal nicht zu sehen ist, erkundigen sich die Dorfbewohner nach ihr, wenn sie krank ist, versorgen sie sie mit allem, was sie braucht. Dreieinhalb Jahre verbringt Rebecca im Piemont und erkennt: „Ich war integriert, einfach nur, weil ich ich selber war. Die kannten mich ja nicht, wussten nichts von mir." Im Anschluss an ihre Tätigkeit für Aldo Mondino arbeitet Rebecca als Assistentin für Hermann Nitsch in Niederösterreich, dann kehrt sie erneut nach Italien zurück. Diese Jahre bezeichnet sie rückblickend als ihre „Boheme Zeit".

Eine weitere, wichtige Etappe ihrer beruflichen Entwicklung waren die sieben Jahre, die Rebecca für die Kaltenberger Ritterspiele tätig war. „Ich habe nach meinem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Dramaturgie an der Theaterakademie August Everding als Regieassistentin gejobbt. Beatrix von Bayern, die Leiterin der Kaltenberger Ritterspiele sagte zu mir: „Du hast das Richtige studiert, um bei mir zu arbeiten." Das war eine Riesenchance, die sie mir gegeben hat. Ich bin ihr sehr dankbar für ihr Vertrauen in mich. Ich bekam jedes Jahr mehr Verantwortung, habe sehr gut verdient. Gemeinsam mit einer kleinen, schlagkräftigen Truppe von Mitarbeitern habe ich jedes Jahr erfolgreich die Ritterspiele veranstaltet und richtig viel Spaß bei der Arbeit gehabt!"

Ich spüre in unserem Gespräch, Rebecca Mack von Elmenau ist kein Mensch, der es sich leicht macht: „Ungünstige Umstände überwinden und aus einer widrigen Situation etwas Gutes entstehen lassen, könnte das ein Motto in Deinem Leben sein?" Sie antwortet: „Zuerst sind die Selbstzweifel da. Aber irgendwann kommt aus Deinem eigenen Tun heraus Selbstliebe!"

Rebecca ist eine sehr gute Beobachterin, was ihr auch beim Schreiben ihres Theaterstücks „Lockdown" zu Gute kam. Es entstand während der Corona-Pandemie und besteht aus Szenen mitten aus dem Pandemieleben: ein Pärchen muss erst mit der vielen gemeinsamen Zeit klar kommen, eine Take-Away Verkäuferin wird mit einer skurrilen Flut an Bestellungen konfrontiert, wir sehen eine pandemietypische Talkshow-Szene, satirisch dargestellt. Besonders berührend wird die Darbietung durch Lieder (Komposition: Thomas Honsberg, Text: Rebecca Mack) mit Texten wie: „Ich bin überfordert von all der Zeit, müde bin ich, zu viel Schlaf. Einsam bin ich von zu viel Zusammensein. Gemeinsam sind wir so allein."

„Das Theaterstück hatte ein schlechtes Karma, war aber letztlich ein Megaerfolg" freut sich die Regisseurin. Zweimal musste die Premiere pandemiebedingt verschoben werden, die Besetzung wechselte einmal komplett durch, das Ende des Stückes musste neu geschrieben werden, Rebecca brach sich den Fuß, erkrankte kurz vor der Premiere an einer Gürtelrose. „Ich war extrem nervös vorher, aber es hat alles gut geklappt!"

„Lockdown" wurde Anfang Mai mit großem Erfolg im Hoftheater aufgeführt. „Das Theater habe ich zusammen mit meinen Freunden in unsere Scheune gebaut. Niemand konnte sich das vorstellen, aber es funktioniert. Sogar eine Bar haben die Jungs gezimmert! Die Aufführung kam beim Publikum super an. Lustig war, dass die Schwalben, die in großer Zahl unter den Dachbalken der Scheune brüten, während der Vorstellung heftig zu schimpfen begonnen haben. Die Zuschauer meinten, das wütende Gezwitscher gehört ebenfalls zur Aufführung!" erzählt Rebecca lachend.

Am 13. Und 14. August 2022, jeweils um 20 Uhr, wird „Lockdown" erneut aufgeführt. Veranstaltungsort ist die Theatertenne auf Schloss Bullachberg in Schwangau. Karten können unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! bestellt werden. Das Anwesen wird seit 2012 von Rebecca zusammen mit ihrer Mutter Elisabeth von Elmenau geleitet. Sie führen dort eine ökologische Landwirtschaft mit Schwerpunkt Rinderhaltung und stellen die Räumlichkeiten für kulturelle Veranstaltungen, Hochzeiten und Feriengäste zur Verfügung.

Die vielseitige Künstlerin führt mich nach einem kurzen Besuch in ihrem Gemüsegarten und bei ihren Pferden in ihr Atelier. Wir betrachten die Arbeiten aus ihrer aktuellen Serie „This is a piece of art because…!" Fröhlich, selbstbewusst und mit einem Schuss Ironie präsentieren sich bunt lackierte Alltagsgegenstände. Die Gemälde der Serie zeigen eine weitere Facette ihrer Schöpferin.

Doch damit nicht genug: seit Rebecca im Stück „Rauf – runter - Crash" von Katalin Fischer als Diva mit viel emotionalem Tiefgang und dunklem Timbre Chansons von Dalida wie „Paroles Paroles" oder „Je suis malade" interpretierte, ist der Funke übergesprungen: „Singen ist meine neue Leidenschaft". Zusammen mit ihrem Cousin Juri Jangl, Lehrer an der Musikschule Landsberg, richtet sie gerade ein Musikstudio auf ihrem Hof ein.

Auch an einem neuen Theaterprojekt arbeitet die inspirierende Künstlerin bereits.

Meine Gastgeberin sprüht vor Energie und Tatkraft. Ich kann verstehen, wie wichtig die Ruhe in der Natur für sie ist, um einen Ausgleich zu ihrem intensiven Leben zu finden.

Ich freue mich schon jetzt auf all das, was noch von ihr noch zu sehen oder zu hören sein wird. 

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