Schondorf – Am 26. und 28. Juli veranstaltete der Verein Schondorfer Kreis zum dritten Mal sein Künstlerfest Seehkraft2. Bei freiem Eintritt erwartete die Besucher auf einem privaten Seegrundstück ein ausgesprochen abwechslungsreiches Programm. Normalerweise sind atonale Musik, physikalische Forschung oder Rasenmäher nicht gerade Publikumsmagneten für ein Künstlerfest. Bei Sehkraft2 war das anders, weil diese Themen in ein buntes Unterhaltungsprogramm eingegliedert waren, und auf spannende, ungewohnte Weise präsentiert wurden.
Blitze, Klänge und Rasenstücke
Bestes Beispiel für solch ungewohnte Präsentation ist der Physiker Hans-Dieter Betz, der am Massachusetts Institute of Technology und an der Ludwig-Maximilians-Universität gelehrt hat. Seine wissenschaftlichen Abhandlungen sind für Laien kaum verständlich, weshalb er seine Erkenntnisse in einen spannenden Roman gepackt hat. "Blitzschlag – Spuren der Zukunft" heißt das Buch, in dem er auf viele aktuelle und kommende Entwicklungen der Technik eingeht. Im Gespräch mit Silke Hohagen erzählte der Autor, wieviel Science und wieviel Fiction in seinem SciFi-Thriller steckt.
Neue Wege ging auch die Dießener Akkordeonistin Annette Rießner. Sie hatte freitonale Musik des britischen Avantgarde-Komponisten Cornelius Cardew im Programm. Die spielte sie aber nicht für, sondern mit dem Publikum. Das verfolgte gebannt den Fortschritt auf der kryptisch anmutenden Partitur, und beteiligte sich an verschiedenen Stellen mit Klappern, Pfeifen, Fingerschnippen, Gesangseinlagen und sogar Klingeltönen. Am Ende stand für alle die Erkenntnis, dass Neue Musik nicht bierernst sein muss, sondern durchaus Spaß machen kann.
Dieses spielerische Element brachte Wolfgang Niemeyer in eine Tätigkeit, bei der wohl die allerwenigsten an Spaß denken: Das Rasenmähen. Begleitet von der Flötistin Ivana Jovanovic räsonierte er im Sprechgesang über das Grün zu unseren Füßen. Das ging vom "Liebeslied an den Rollrasen" bis zu einem "Präludium und Fuge über den Rasen". Dabei kam auch der Mäher als Musikinstrument zum Einsatz. Das von Niemeyer bespielte Stück Wiese war am Ende aber nicht brav kurzgeschoren, sondern mit einem geometrischen Mäandermuster verziert.
Von Chanson bis Bluesrock
Musikalisch nicht ganz so ausgefallene Auftritte gab es von Au bord de bleu, Giorgio, Siso Hagen, Tom Hauser & Jakob Muehleisen, Lakeside4, Matthias Preissinger & Stefan Schreiber, und dem Velebit Orchestra. Mit Jazz, Chanson, Indie-Pop, mystischen Klängen, Italo-Hits und 70er-Bluesrock war hier wirklich für jeden Geschmack etwas dabei. Wortbeiträge kamen von der Lyrikerin Anna Münkel, der Poetry-Slammerin Leni Gwinner, und von Elke Jordan und Gregor Netzer, die aus ihrem Künstlerbuch „Ode an das Schlafschaf" lasen.
Zwischen den Auftritten hatten die Besucher Gelegenheit, die Freiluftausstellung auf dem Gelände zu bewundern. Hier standen verspielte Metallskulpturen des Schondorfer Künstlers Thomas Lenhart. Darüber hingen die überdimensionalen Baumbilder von Christoph Franke in den Ästen. Der international renommierte Fotograf setzt diese Bilder in mühevoller Kleinarbeit aus Dutzenden einzelner Aufnahmen zusammen. Am Eingang lockte der Landsberger Kunstautomat, der für dieses Wochenende an den Ammersee gekommen war. Hier konnte man für nur fünf Euro signierte Originalkunstwerke aus den Schächten ziehen. Ein Angebot, das von vielen Besuchern freudig genutzt wurde.
Erhalten und gestalten
Für den Schondorfer Kreis war die heurige Ausgabe von Seehkraft2 ein voller Erfolg. Der Verein konnte den Besuchern zeigen, wie das Motto „erhalten und gestalten" mit Leben erfüllt wird. Neben der Pflege von Schondorfs reichem kulturellen Erbe wird mit solchen Veranstaltungen die kreative Tradition im Ort auch in die Zukunft fortgeführt.
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