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„Digitaler Atlas NS-Verbrechen“: Eine App gegen das Vergessen, vom Landsberger Wolfgang Hauck

Projektleiter Wolfgang Hauck in Berlin Bilder: Conny Kurtz

Berlin/Landsberg — ­­Im kommenden Jahr jährt sich das Ende der Nazi-Diktatur zum 80. Mal. Doch viele Details der Verbrechen, die tausendfach während der zwölfjährigen Herrschaft Hitlers begangen wurden, geraten in Vergessenheit. Ein digitaler Atlas, verfügbar über eine App, macht sie jetzt jedermann zugänglich. Das Projekt "NaziCrimesAtlas - Digitaler Atlas NS-Verbrechen" wurde jetzt in Berlin vom Projektleiter Wolfgang Hauck aus Landsberg vorgestellt.

Auf der Karte der heutigen Bundesrepublik werden über 25.000 Verbrechen an rund 8.000 Orten abrufbar sein, die nach 1945 juristisch verfolgt und damit in Gerichtsakten verzeichnet sind. Die App stellt kurze Tatbeschreibungen zur Verfügung, ebenso die Aktenzeichen und den Aufbewahrungsort der Unterlagen. Die wissenschaftliche Leiterin des Projekts, Dr. Edith Raim, hat die Daten mit Kollegen zusammengetragen. „Der Wesenskern des Nationalsozialismus ist das Verbrechen, die menschenverachtende Art, wie mit anderen Menschen umgegangen wurde", so Raim. Und in den Daten tauchen eben auch jene „Alltagsverbrechen" von bislang unbekannten Bürgern auf, nicht nur die Taten von prominenten Nazi-Führern.Die App wird in einer ersten Test-Version im Februar 2025 verfügbar sein. Zunächst sind dort die Taten verzeichnet, die während der November-Pogrome 1938 in ganz Deutschland verübt wurden und bei denen Juden in ihren Wohnungen überfallen, Geschäfte geplündert und Synagogen zerstört wurden. Im Laufe des Digitalisierungsprojekts kommen weitere Tatkomplexe wie Euthanasie (Tötung von kranken), Denunziation, Massenvernichtung (zum Beispiel in Konzentrationslagern) oder die sogenannten Endphasenverbrechen dazu. 

„Das Erschreckende an diesem Projekt ist die Bandbreite", so Wolfgang Hauck. Dieses wird bis Ende 2025 von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht gefördert. Leonore Martin, Fachreferentin für digitale Lernräume bei der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ), betonte bei der Projektvorstellung die Notwendigkeit eines derartigen digitalen Angebots: „Dieser digitale Atlas ist mehr als ein Projekt. Er ist ein Werkzeug zur Förderung von Bildung, faktenbasiertem Arbeiten und gesellschaftlichem Engagement. Er ist ein Instrument, um eine aufgeklärte Gesellschaft zu gestalten, in der Antisemitismus und Rassismus keinen Platz haben. Wir sind überzeugt, dass dieser Atlas einen wichtigen Beitrag leistet, um die Erinnerung an die NS-Verbrechen wachzuhalten und künftige Generationen zu sensibilisieren."

Bürgernah: Grundlage für lokale Erinnerungsarbeit
Das Angebot richtet sich an Bildungseinrichtungen, Initiativen, Universitäten und ein internationales Publikum. Ziel ist es, das Bewusstsein für das Ausmaß der NS-Verbrechen zu schärfen, die lokale Erinnerungskultur zu stärken und Public-History-Projekte anzustoßen. Anhand der verfügbaren Daten können Bürgerinnen und Bürger in der eigenen Umgebung recherchieren, was zwischen 1933 und 1945 geschah. Interessierte werden in Schulungen für Erweiterungen der App-Inhalte mit lokalen Recherchen qualifiziert.

Verwirklicht wird das Projekt vom Verein dieKunstBauStelle e.V. in Landsberg am Lech. Projektpartner ist BerlinHistory e.V., der bereits eine Geschichts-App entwickelt hat, auf deren Grundlage der digitale NaziCrimesAtlas laufen wird. Eine spätere Ausweitung auf die juristisch verfolgten Taten, die im (heutigen) Ausland begangen wurden, ist denkbar.

Wissenschaftliche Leiterin Dr. Edith Raim bei der Videobotschaft
Von links: Oliver Brentzel, Katharina Erlenwein, Rainer Klemke, Wolfgang Hauck, Klaus König. 
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