Kempten – Wo immer Hubertus Pulm mit seiner Harley Davidson unterwegs ist, sorgt er für Aufsehen. Nicht weil der 73-Jährige mit den schulterlangen grauen Haaren mit einem schönen und edel blaulackierten Motorrad auf Achse ist, sondern weil er einen besonderen Beifahrer hat. In seinem Beiwagen sitzt, eigentlich könnte man sagen, "thront" nämlich König Ludwig II. von Bayern. In prächtiger Galauniform mit roter Schärpe und Orden geschmückt. Standesgemäß fährt das Staatsoberhaupt mit einer Standarte, die das Wappen des königlichen Hauses Bayern trägt. Natürlich ist es nicht der echte Ludwig, der ruht seit gut 135 Jahren gemeinsam neben seinen königlichen und kurfürstlichen Vorgängern in der Gruft der Wittelsbacher in der Michaelskirche in München. Zumindest heißt es so, aber der Geheimbund der Guglmänner bezweifelt das. Sie glauben fest an die Ermordung des Königs im Starnberger See und fordern schon seit langem eine Öffnung des Grabes in der Krypta von St. Michael.
Da staunten die Leute am Sonntag auf dem Hildegardisplatz in Kempten als sie die lebensechte Puppe mit dem gönnerhaften Lächeln stoisch aus dem Plexiglasverdeck blicken sahen. "Ich mach' das für einen guten Zweck", erklärt der ehemalige Holzkaufmann in unüberhörbarem oberschwäbischen Dialekt. Eigentlich ist er gebürtiger Sachse, 1948 in Dresden geboren, aber in einem Heim in Oberschwaben aufgewachsen. Die Eltern hatten das Kind abgegeben. Seit gut zwanzig Jahren ist Pulm pensioniert. "Am zweiten Tag als ich aufgehört hatte zu arbeiten, habe ich mir ein Motorrad gekauft. Eigentlich wollte ich immer Geld für Kinderheime sammeln, aber dann passierte der Unfall in meiner Familie. Mein Schwiegersohn liegt seit 2013 im Wachkoma. Die Enkelkinder sind klein und können jeden Cent gebrauchen". Er hält gerne auf belebten Plätzen mit seinem Gefährt an, lässt sich fotografieren und bittet pro Foto um einen Euro. Viel kommt nicht zusammen und wenn jemand nicht zahlen will, ist es auch ok, meint er. Den König Ludwig hat er sich bei dem Maskenbildner Benjamin Ludwig in München machen lassen. "Ich wusste, dass ich mit König Ludwig auffalle". Tatsächlich kommt auch gleich ein junger Mann zu Hubertus Pulm und fragt vorsichtig nach, ob das Ludwig II. sei. "Wer soll das sonst sein", antwortet freundlich der Mann aus Neu-Ulm. Warum er in seiner E-Mail-Adresse den Namen "Retebus" verwendet, möchte ich wissen. "Ganz einfach. Mein Enkel konnte meinen Namen ,Hubertus' nicht aussprechen sondern nannte mich stattdessen ,Retebus'".
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