Landsberg am Lech – Selbstvertretung und -bestimmung müssen auch in Zeiten von COVID-19 weiter ausgebaut werden. So lautet das Fazit der ersten digitalen Fachtagung für Selbstvertreter der Lebenshilfe Bayern. Unter den über 40 engagierten Teilnehmern waren auch Jens Uwe Heine und Nina Klusmeier von der Lebenshilfe Landsberg.

„Die Tagung war super interessant", freute sich Jens Uwe Heine, der im Vorstand des Lebenshilfevereins tätig ist. Er hatte sich wie seine Kollegen rege am Austausch über die Situation mit Corona beteiligt. Die Menschen mit Behinderungen fühlten sich zum Teil allein gelassen und litten darunter, dass sie nicht arbeiten durften, Eltern und Verlobte nicht treffen konnten.

Sie sahen aber auch, dass Corona ihnen keine Existenzprobleme bescherte wie etwa den Betreibern von Cafés und Restaurants. Kontakte waren trotzdem möglich, es gab unter anderem Bastelangebote über Zoom. Allerdings kamen Glück und Inklusion meist zu kurz. Gastredner Michael Groß von der Caritas Nürnberger Land hatte zuvor über Corona referiert. Er zeigte sich überzeugt davon, dass Selbst-Vertretung auch in Corona-Zeiten weitergehen wird und muss.

Dies bekräftigte Landesgeschäftsführer Dr. Jürgen Auer: „Wir brauchen Teilhabe und Kontakte trotz Corona!" meinte er. Er forderte unter anderem Internetzugang und entsprechende Geräte für alle Menschen mit Behinderungen in den Wohnheimen. Bei der Lebenshilfe Landsberg wird daran bereits gearbeitet.

Mit dem neuen Bedarfsermittlungsinstrument in Bayern setzte sich bei der Fachtagung Gastredner Holger Kiesel, Beauftragter für Menschen mit Behinderungen in Bayern, auseinander. Damit sollen die Wünsche der Menschen mit Behinderung erfasst und in den Mittelpunkt gestellt werden. In anderen Bundesländer gibt es dazu schon seit Anfang des Jahres eine Erprobungsphase. In Bayern erfolgte sie jedoch leider nicht.

Die Teilnehmer an der Fachtagung wollten vor allem wissen, wie sich Personen mit hohem Hilfebedarf bei den Befragungen selbst vertreten können, wie sichergestellt wird, dass für diese Menschen richtig und ohne Beeinflussung gesprochen wird. Fragen gab es auch dazu, wer zu den Gesprächen mitgebracht werden darf, wie man sich darauf vorbereitet und wie garantiert wird, dass das Protokoll richtig ist. Wichtig sei Vertrauen zum Interviewer und eine Sprache, die Menschen mit Behinderungen verstehen, so die Teilnehmer.

Nina Klusmeier war am Ende der Fachtagung beeindruckt, wie gut informiert viele Selbstvertreter waren und in welcher Weise sie sich für andere Menschen einsetzten. „Toll, dass sich Dr. Jürgen Auer und Holger Kiesel Zeit genommen haben und in gute Gespräche mit den Menschen mit Behinderungen gegangen sind", freute sich Klusmeier.

Die Tagung wurde vom Landes-Ausschuss Selbst-Vertreterinnen und Selbst-Vertreter der Lebenshilfe Bayern geleitet. Dieser setzt sich auf Landesebene für die Belange von Menschen mit Behinderungen ein. Er behandelt insbesondere Themen wie Selbstbestimmung, Barrierefreiheit sowie finanzielle Fragen. Der Ausschuss wurde 2015 gegründet. Seine Mitglieder kommen aus ganz Bayern und sind auch in örtlichen Lebenshilfe-Gremien aktiv. www.lebenshilfe-bayern.de

Jens Uwe Heine bei der virtuellen Fachtagung für Selbstvertreter der Lebenshilfe Bayern. Foto: Nina Klusmeier