Dießen – Es gibt Phrasen, die schleichen sich ins Sprachbewusstsein wie ein ungebetener Gast auf einer Party – man weiß nicht genau, wer sie eingeladen hat, aber plötzlich sind sie da und gehen nicht mehr weg. Eine dieser Formulierungen, die in jüngster Zeit eine beeindruckende Karriere hingelegt hat, ist: „Am Ende des Tages".
Von Politikern, Talkshow-Gästen, Managern und Fußballtrainern gleichermaßen geliebt, suggeriert diese Wendung eine nüchterne, fast philosophische Bilanzierung. Man könnte fast glauben, sie enthalte eine tiefe Weisheit, eine Art universellen Schlusspunkt. Doch am Ende des Tages – Entschuldigung, aber das musste sein – bleibt vor allem eine leere Hülse.
Denn wenn jemand sagt, „Am Ende des Tages zählt das Ergebnis", dann klingt das zweifelsohne bedeutungsschwanger. Doch was hätte man stattdessen sagen können? Vielleicht schlicht: „Letztlich zählt das Ergebnis" oder – und das wäre fast revolutionär – „Das Ergebnis zählt"? Aber nein, das wäre wohl zu direkt.
Die Beliebtheit dieser Phrase liegt vermutlich in ihrer vermeintlichen Unangreifbarkeit. Sie suggeriert, dass es keinen weiteren Diskussionsbedarf mehr gibt. Wer „am Ende des Tages" bemüht, erhebt sich auf eine Metaebene der Weisheit und entzieht sich elegant der Notwendigkeit, noch weiter zu argumentieren. Das ist praktisch, denn so kann man Banalitäten mit dem Anschein von Tiefe versehen, ohne sich wirklich festlegen zu müssen.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der inflationäre Gebrauch rächt. Dann wird „am Ende des Tages" dieselbe staubige Ecke des Sprachlagers beziehen wie „mit Verlaub" oder „das müssen wir uns genau anschauen". Und dann wird eine neue Phrase auftauchen, die dasselbe tut: Reden, ohne wirklich etwas zu sagen. Aber am Ende des Tages – ist das nicht genau das, was manch einer will?
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