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Weltumsegler Paul Piendl zieht’s schon wieder aufs Meer. Von THOMAS ERNSTBERGER

Paul Piendl, links, mit Thomas Ernstberger Foto:. Thomas Ernstberger

Schondorf – 1341 Tage (von Vater Markus ganz genau ausgerechnet) – das sind 45 Monate, also dreidreiviertel Jahre. Exakt so lange segelte ein junger Bootsbaugeselle aus Schondorf am Ammersee rund um die Welt. „Ich bin mit 22 los und mit 26 wieder daheim angekommen – und ich bin erwachsen geworden", erzählt Paul Piendl, der gerade das „Abenteuer seines Lebens" beendet hat: 32.000 Seemeilen (das sind 59.200 Kilometer) auf den Meeren dieser Welt und auf allen fünf Kontinenten unterwegs, viele Wochen allein, aber auch mit wechselnder Besatzung (mit Vater und Onkel Uli insgesamt 24 Person en) aus unterschiedlichen Ländern auf rund 20 Quadratmetern auf einem Segelschiff. Das war die am Ende des Trips schon 46 Jahre alte „Wasa", ein „klassischen Einmaster", 1978 gebaut, 9,15 Meter lang, 3,20 Meter breit, schon von 1980 bis 1983 für eine Weltumsegelung genutzt wurde. Und sie war seit dem Silvestertag 2020, als er nach monatelanger Vorbereitung in Lagos (Portugal) startete, Pauls Zuhause. Von dieser „Wohnung" verabschiedete er sich gleich nach seiner Rückkehr: „Ich habe die Wasa in Portugal an einen deutschen Rentner verkauft – schweren Herzens, aber mit gutem Gewissen."

Jetzt ist er wieder daheim in Schondorf bei seiner Familie, Mama Susanne (betreibt in Landsberg das „Maschenwerk"), Papa Markus und den Schwestern Hanna und Luisa. Da bleibt er aber nicht lange. Piendl zieht's schon wieder hinaus in die Welt und aufs Meer: „Ab Mitte Oktober arbeite ich neun Monate für den World Cruising Club mit Sitz in England, der seit 40 Jahren Rallyes auf dem Meer veranstaltet, Atlantik-Überquerungen genauso wie Welt-Umsegelungen. Ich begleite die Boote, bin wieder weltweit unterwegs. Ein guter Übergang zu meinem späteren Studium zum Yacht-Gutachter."
An diesem Wochenende gibt er bei zwei Vorträgen in Dießen einen Einblick in sein großes Abenteuer. Das Interesse ist groß: Beide Veranstaltungen waren in kürzester Zeit ausgebucht.

Beim „Zwischenstopp" am Ammersee nahm sich Piendl Zeit für ein Interview.

Paul, Sie waren fast vier Jahre unterwegs. Erklären Sie bitte erst mal Ihre Route.
Piendl: Die Route folgte so ziemlich den Passatwinden nach Westen. Über den Atlantik, durch die Karibik, den Panamakanal in den Pazifik. Dort durch französisch Polynesien, Fiji, Vanuatu bis Australien. Dann über Indonesien in den indischen Ozean und durchs Rote Meer zurück nach Europa. Insgesamt besuchte ich über 23 Länder.


Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, rund um die Welt zu segeln?
Piendl: Mein Uropa hat mir ein Buch des berühmten deutschen Einhandseglers Rollo Gebhard geschenkt, der dreimal um die Welt gesegelt ist. Seine Abenteuer-Erzählungen haben schon früh in mir den Traum von einer Weltumsegelung geweckt.

Wie war die Reaktion Ihrer Eltern, als Sie ihnen von Ihrem Plan erzählten?
Piendl: Sie hielten meine Pläne erst mal für jugendliche Spinnerei, waren dann doch überrascht, als ich ankam und sagte, ich hab' ein Boot gefunden. Aber sie sind von Anfang an voll hinter mir gestanden."

Was waren Ihre Highlights in dieser langen Zeit?
Piendl: Beim Tauchen die Unterwasserwelt kennenlernen und mit den Meeresschildkröten schwimmen, Naturvölker treffen, die Zeit auf dem offenen Ozean. Und wieder daheim ankommen…

Das schönste Land?
Piendl: Französisch-Polynesien und Vanuatu im Südpazifik. Da habe ich auch die nettesten Menschen kennengelernt. Ich wollte ursprünglich eine Woche auf Vanuatu bleiben – daraus wurden dann eineinhalb Monate.


Die gefährlichste Situation?
Piendl: Ich bin fünf Tage, nachdem ein Frachter von einer Huthi-Rakete versenkt wurde und drei Menschen gestorben sind, durch die Meerenge Aden Bab-el-Mandeb gesegelt. Sie verbindet das Rote Meer mit dem Golf von Aden. Da geriet ich nachts mitten in einen Luftangriff: Die Amerikaner haben Huthi-Ziele an Land und auf dem Wasser angegriffen. Die Bomben sind direkt hinter mir explodiert, so dass ich die Feuerwerke in allen Details gesehen und die Schockwellen gespürt habe."

Und dann war ja noch der Mastbruch…
Piendl: Das war ebenfalls nachts nach einem Sturm im nördlichen Teil des Roten Meers zwischen Saudi Arabien und Ägypten. Da ist der Mast aus Aluminium in der Mitte gebrochen, Spitze und Großsegel lagen im Wasser. Mit Akku-Flex und Machete im Mund konnte ich die Teile bergen und dann mit dem Motor Richtung Küste fahren. In einer ägyptischen Militärbasis haben wir dann eine Not-Reparatur durchgeführt.


Welche Kontakt-Möglichkeiten gibt's denn in einem Notfall
Piendl: Ich hatte ein Funkgerät mit einer Reichweite von ca. 20 Kilometern dabei und ein Satelliten-Telefon, mit dem aber nur SMS-Nachrichten an bestimmte Empfänger wie das Rescue Center in Bremen verschicken kann.

Wochenlang allein auf dem Meer. Gibt's da keine Angst-Momente oder Gefühl schlimmer Einsamkeit?
Piendl: Eigentlich sehr selten, beim Segeln finde ich genug Ablenkung, damit ich mich nicht einsam fühle. Mit extremen Wetter-Situationen konnte ich immer gut umgehen…

Und die Seekrankheit hat sich ja auch schnell gelegt…
Piendl: Bei der ersten Überfahrt, bei der mich meine beiden Schondorfer Freunde Leon Heinrich und Moritz Nick nach Lanzarote begleitet haben, waren wir bei steilen Wellen und viel Wind alle drei seekrank, haben drei Tage lang gekotzt. Ein Topf Nudeln mit Ei hat uns danach gerettet und es wurde besser. Sonst wäre das Projekt da schon gescheitert.
Gab's Situationen, in denen Sie einfach nur heim wollten oder Ihre Abenteuerlust bereut haben?
Piendl: Immer mal wieder, aber doch nie ernsthaft. Am Anfang, beim Herrichten des Boots, weil mir da die Arbeit war über den Kopf zu wachsen drohte. Und auch mal unterwegs, wenn das Geld knapp wurde, man irgendwo pleite am Ende der Welt saß und keine Arbeit in Aussicht war. Aber meistens hat sich dann doch irgendwas aufgetan – z. B. Jobs bei einem Bootsbauer oder selbständige Arbeiten an Booten.


Sie sind ein junger Kerl - was nehmen Sie aus der Reise für Ihr weiteres Leben mit?
Piendl: Dass es für jedes Problem irgendeine Lösung gibt und man die Sachen nur angehen muss. Dass zu 90 Prozent alle Menschen, die ich getroffen habe, egal in welchem Kontinent und ob reich oder arm, auch in Krisengebieten, super-lieb waren. Und man bekommt mit, wie schön unsere Welt ist, aber auch wie fragil. In Vanuatu werden dien Buchten immer kleiner, der Strand verschwindet. Der Meeresspiegel steigt, die Zyklonen nehmen zu und der Müll an den Stränden nimmt leider zu. Man muss aufpassen auf die Welt!

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