Von Alois Kramer auf Mittwoch, 02. Dezember 2020
Kategorie: Kultur

2020: Ein ungewöhnliches Jahr – auch für Schauspielerinnen und Schauspieler

Dießen – Die Schauspielerin Victoria Mayer lebt seit vielen Jahren mit ihrem Mann und ihren Kindern am Ammersee. Die Fernsehzuschauer konnten die 44-Jährige zuletzt 2019 in dem viel beachteten Münchner Tatort „Lass den Mond am Himmel stehn" sehen. In der Fernsehserie „Merz gegen Merz" hat sie mit der Figur der „Lisa" eine feste Nebenrolle. Die Filmografie der gebürtigen Münsteranerin ist umfangreich. Ihr Mann, Jan Messutat, ist ebenfalls vom Fach.


aloys.news: Wie war denn 2020 für Sie?

Victoria Mayer: Als freischaffende Schauspieler sind wir ja immer darauf eingestellt, dass es auch mal einige Monate Pause geben kann. Bei den wenigsten Kollegen ist das Jahr mit Dreharbeiten vollständig durch getaktet. Aber da zu Beginn der Corona-Zeit niemand wissen konnte, wie lange dieser Ausnahmezustand dauern wird, waren wir schon unruhig. Und dann fielen wir zunächst durch alle Raster der staatlichen Unterstützungen, z.B. für Solo-Selbstständige. Wir haben ja so gut wie keine Betriebskosten. Wie denn auch? Wir brauchen kein Büro, kein Dienstauto. Jetzt zum Ende des Jahres hin werden noch viele Filme fertiggestellt. Denn erst wenn ein Film fertig ist, nimmt ihn der Fernsehsender ab und zahlt die vereinbarten Kosten an die Produktionsfirma. Die Produktionsfirmen gehen da immer in Vorleistung und tragen das alleinige Risiko, wenn ein Dreh unterbrochen wird.

aloys.news: Sie haben gedreht?

Victoria Mayer: Ja im Frühjahr habe ich einen Abschlussfilm in Zusammenarbeit der Filmhochschule München gemacht. Dafür waren wir zwei Wochen in Kenia, in Nairobi und Umgebung. Ich war lange nicht mehr so weit von Zuhause weg. Das hat sehr gut getan, mal wieder über den europäischen Tellerrand hinaus zu schauen.

aloys.news: Warum Kenia?

Victoria Mayer: Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit. Der Autokonvoi einer internationalen Diplomatin erfasst auf einer Dienstfahrt ein afrikanisches Kind am Straßenrand. Aus Sicherheitsgründen, um die Diplomatin zu schützen, halten sie nicht an, um erste Hilfe zu leisen. Doch wie verhält sich die Frau, wenn sie erfährt, wer für sie geopfert wurde? –  Welches Leben ist mehr wert? Schützenswerter? Wer entscheidet das? Um solche Fragen dreht sich der Film. Diese Geschichte ist wirklich passiert, einer Diplomatin der US-Regierung unter Barack Obama. Der Film wird im Januar 2021 auf dem Max-Ophüls-Filmfest in Saarbrücken Premiere feiern - leider auch nur online.

aloys.news: Sie spielen die Hauptrolle, die Diplomatin?

Victoria Mayer: So ist es. Das war eine sehr spannende Zusammenarbeit. Wir waren nur sechs Deutsche, der Rest des Ensembles und des Teams bestand aus kenianischen Kollegen. Wir haben in den Drehpausen viel miteinander gesprochen und uns ausgetauscht: Wie arbeitet ihr so? Wie läuft das bei euch? – Was sind die Bilder die man voneinander hat, die Erwartungshaltungen... Hier in Europa wird Afrika oft nur als hilfsbedürftiger Krisenkontinent dargestellt, für den man spenden soll. Das Selbstverständnis der Afrikaner ist ganz anders, sie wollen ihre Probleme gerne selbst lösen – und können das auch. Unterstützung und Solidarität ist ja schön und gut, aber gleichberechtigte Freundschaft ist doch noch besser.

aloys.news: Der einzige Dreh dieses Jahr?

Victoria Mayer: Nein, ich habe noch im Sommer eine türkisch-bayerische Familienkomödie gedreht, „Servus, Schwiegermutter!". Da unterlagen wir einer Menge corona-bedingter Vorlagen, die eingehalten werden mussten. Alle Schauspieler wurden regelmässig getestet und es gab eine Corona-Beauftragte am Set, die auf den nötigen Abstand zwischen allen Beteiligten und vieles mehr geachtet hat. Besonders leid taten mir die Teammitglieder, die den ganzen Tag lang, trotz teilweise großer Hitze, mit Maske arbeiten mussten. Das war schon hart.

aloys.news: Wie sieht's nächstes Jahr aus?

Victoria Mayer: So wie es aussieht, wird im Frühjahr die ZDF-Serie „Merz gegen Merz" fortgesetzt. In der 2. Staffel habe ich „Lisa" gespielt, die trinkfeste Freundin der Hauptfigur „Anne Merz" , gespielt von der tollen Annette Frier. Im Moment werden die Drehbücher entwickelt und wenn alles klappt, kann „Lisa" auch in den neuen Folgen „Anne" wieder ordentlich unter den Tisch trinken. Schauen wir mal.

aloys.news: Sie kommen vom Theater?

Victoria Mayer: Ja. Aber ich habe schon sehr lange nicht mehr auf der Bühne gestanden. Die Leute fragen einen immer wieder, was man lieber mag – Theater oder Film. Aber die Arbeitsweise ist jeweils so unterschiedlich, das ist wie wenn man Brezeln und Torte miteinander vergleichen soll. Beim Theater spürt man natürlich ganz stark das Publikum, dessen Reaktionen und man muss in eineinhalb oder zwei Stunden eine Geschichte entwickeln und die Energie über einen ganzen Abend aufbauen und halten. Die Arbeit an einem Film ähnelt eher einem Puzzle. Du musst dich manchmal in eine Szene einfinden, deren direkten Anschluss du vielleicht schon drei Wochen vorher gedreht hast. Auch wenn wir beim Film nicht vor 500 oder mehr Leuten im Saal auftreten, kann eine Szene am Set auch die Leute um dich herum fesseln. Das stehen ja beim Dreh manchmal 20 oder 25 Teammitglieder um dich herum, Regie, die Kameraleute, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von der Lichtabteilung, Maske, Kostüm, Requisite, Ausstattung. Und das ist Fachpublikum, die haben schon viel gesehen, da muss man sich anstrengen, um die zu beeindrucken! 

aloys.news: Am Sonntag hatte der Tatort 50. Geburtstag. Sie waren mehrmals dabei. Wie ist das, bei diesem Format mitzuspielen?

Victoria Mayer:  Es gibt keinerlei Unterschied in der tatsächlichen Arbeit, da ist ein „Tatort"-Dreh ein ganz normaler Dreh wie jeder andere auch. Wo man den Unterschied wirklich spürt, ist in der Außenwahrnehmung. So viele Menschen schauen und lieben ihren wöchentlichen „Tatort" und die Aufmerksamkeit für jede neue Folge und alle Beteiligten ist sehr hoch. Bei dem Dreh und der Ausstrahlung zu „Lass den Mond am Himmel stehen", dem Münchener „Tatort", in dem ich dieses Jahr mitgespielt habe, habe ich das mal wieder am eigenen Leib erlebt, das ist wirklich schön. Diese Krimi-Reihe bietet so viele verschiedene Facetten, verschiedene Genres und Spielarten, da ist für jeden was dabei – und ich glaube, dass das auch ihr Erfolgsrezept ist!

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