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Jetzt ist es Zeit, der Gemeinschaft etwas zurückzugeben. Steff Sanktjohanser und Jörg Kranzfelder im Interview mit aloys.news über ihr Projekt "Huber-Häuser" in Dießen.

Jörg Kranzfelder und Stephanie Sanktjohanser sind gespannt auf die Sitzung des Marktgemeinderats heute Abend. Foto: Alois Kramer

Dießen – Es ist ein kühler Maitag. Eigentlich untypisch für den Monat. Aber der April war schon ungewöhnlich kalt. Die Sonne will sich nicht so recht zeigen. Dicke graue Wolken sind am Himmel. Ich treffe Steff Sanktjohanser und Jörg Kranzfelder am Samstagnachmittag in der Mühlstraße in Dießen. Dort hat Sankjohanser ein Grafik- und Tätowierungsstudio eingerichtet. Die beiden haben einen Verein zur Sanierung der Huber-Häuser in der Johannisstraße gegründet. Ein halbes Jahr durfte die Tätowiererin ihren Beruf nicht ausüben wegen Corona, jetzt hat sie seit einer Woche geöffnet. Sie kann sich vor Arbeit kaum retten, wie sie sagt – Wir reden über das Projekt des Vereins, den Umbau des Areals zu einem Kunst- und Kulturzentrum zusätzlich zu ihrer Selbstständigkeit. Das Projekt hat vor einigen Tagen viel Wirbel am Ammersee erzeugt. Heute Abend wird Steff Sanktjohaner ihre Ideen dem Marktgemeinderat vorstellen.


aloys.news: Sie haben einen Verein gegründet, beziehungsweise der Verein für die Realisierung Ihres Projekts "freie kunstanstalt" ist in Gründung. Wie kamen Sie auf die Idee?

Steff Sanktjohanser: Ich bin hier in Dießen aufgewachsen und kenne die beiden vor sich hin siechenden Häuser seit meiner Kindheit. Ein ortsbildprägender Schandfleck. Schon damals ist der Wunsch in mir entstanden, den Komplex für die Allgemeinheit wieder nutzbar zu machen. Jetzt ist es an der Zeit. Die Besitzverhältnisse sind endgültig geklärt, das Eigentumsrecht der Marktgemeinde wurde vorige Woche letztinstanzlich geklärt. Wir sind aktiv und sprechen nicht nur darüber, dass man was tun müsste. Wir können die Häuser nicht weiter dem Verfall überlassen oder ungenutzt stehen lassen.Die Sanierung können wir schon jetzt stemmen und haben Kontakt zu allen nötigen Sachverständigen und können auch kurzfristig die nötigen Gutachten einholen.

Jetzt ist die Gemeinde gefragt. Sie kann sich hier für eine sinnvolle, zeitnahe Lösung entscheiden und wir wissen, dass wir ein plausibles Konzept haben. Aus der J.C. Huber Graphischen Anstalt soll die „freie kunstanstalt" werden. Wir stellen den Rahmen und das Fundament für kulturelles Leben in der alten Druckerei während wir gleichzeitig die Instandsetzung koordinieren und durchführen.Damit schließen wir andere Nutzungsideen nicht aus , sondern machen sie vielmehr kurzfristig möglich.

Jörg Kranzfelder: Ich bin Zweiter Vorsitzender des Heimatvereins Dießen, aber das hier ist eine andere Geschichte und nicht die Hauptaufgabe meines Vereins. Der kann nur unterstützend eingreifen, das machen wir gerne. Seit 3. März diesen Jahres kenne ich Steff und sie hat mich schnell für diese Initiative begeistert. Eigentlich kenne ich das Areal auch schon seit mehreren Jahren. Ich hatte hier bereits im Jahr 2016 eine Fotoausstellung gemacht. Sie hieß „Das schwarze Loch". Es gab Lesungen bei Kerzenschein, weil der Strom fehlte. Die wurden übrigens von der jetzigen Marktgemeinderätin Gabriele Übler initiiert.

Steff Sanktjohanser: Was wir mit diesem Projekt erreichen möchten ist natürlich nicht nur Ausstellungen von Künstlern zu organisieren. Das ist nur ein Teil. Die beiden Häuser bieten mit ihrem vielseitigen Raumangebot soviel Möglichkeiten für die verschiedensten Bereiche. Da können sich Jugendgruppen kreativ austoben, da kann eine Bühne für Theatergruppen aufgebaut werden, da könnte ein Konzertsaal entstehen, ein Vortragssaal, ein Fotolabor. Die Nutzung wäre sehr vielfältig. Der Grundgedanke ist der, mit der Nutzung der Huber-Häusern soziale Verantwortung zu übernehmen. Wir leben hier in einer hochprivilegierten Gegend. Wir müssen etwas zurückgeben, wovon möglichst viele Menschen profitieren können. Das ist der gemeinschaftliche Aspekt des Projekts.

Jörg Kranzfelder: Die Reaktion der Menschen, die unsere Idee mitbekommen haben, ist durchweg positiv. Viele wollen sich einbringen, wollen ehrenamtlich ihre Arbeitskraft und ihre Kenntnisse zur Verfügung stellen. Das sind viel mehr als nur diejenigen, die dem Vorstand angehören. Das sind Zimmerer, Spengler, Installateure, Bodenleger, Maurer, Schlosser und viele andere, die mitmachen wollen.


aloys.news: Sie sind, so wie sich das anhört, sehr realistisch?

Steff Sanktjohanser: Ja durchaus. Wir gehen nicht naiv an die Sache ran. Wir haben das recherchiert und durchgerechnet. Wir werden von einem Dießener Architekten unterstützt, der viel Ahnung von Altbausanierung hat. Unsere Absicht ist, die Huber-Häuser möglichst schnell in Betrieb zu nehmen. Es muss nicht alles fertig perfekt saniert sein um erste Projekte oder Angebote zu starten. Das könnte jJahre dauern. Nein. Wenn ein Teilbereich, zum Beispiel ein Saal, hergerichtet wurde und die Basis-Infrastruktur steht, dann wird der bespielt.


aloys.news: Sie werden heute Abend ihr Nutzungskonzept dem Marktgemeinderat vorstellen.

Steff Sanktjohanser: Wir sind von diesem Konzept überzeugt und haben so viel Rückhalt erfahren, dass ich hoffe auch heute Abend die Sinnhaftigkeit vermitteln zu können. Ich zeige Bilder des aktuellen Zustands der Häuser. Ich glaube, dass viele Räte gar nicht wissen, wie es dort aussieht. Die Fotos sind eigentlich nicht weiter erklärungsbedürftig.

Jörg Kranzfelder: Die Präsentation macht Steff alleine. Ich assistiere nur und stärke ihr sozusagen mental den Rücken. Aber Steff ist so in der Materie drin, dass sie das gut machen wird.


aloys.news: Das Projekt wäre einmalig am Ammersee?

Steff Sanktjohanser: In der Tat. Was uns vorschwebt, finden Sie weder auf der Ostseite noch auf der Westseite des Sees, auch nicht in Weilheim und Richtung Fürstenfeldbruck im Norden auch nicht. Es könnte zeigen, wie aufgeschlossen Dießen ist und ein weiterer Anziehungspunkt für den Ort sein. Die mediale Aufmerksamkeit, die wir erfahren haben, zeigt, welches Interesse an den Graphischen Kunstanstalt und unserem Konzept besteht. So weit wir wissen, hat der Bayerische Rundfunk bei der Bürgermeisterin Sandra Perzul schon um Erlaubnis angefragt, bei der Sitzung des Marktgemeinderats heute Abend zu filmen. Diese wurde erteilt. Morgen soll in der Rundschau des BR berichtet. Bürger nehmen etwas selbst in die Hand, das ist ungewöhnlich. Man spürt welche Energie hinter der Initiative steht. Der Mehrwert für die Region liegt auf der Hand.

Jörg Kranzfelder: Damit wäre auch ausgeschlossen, dass ein Investor kommt, und das Grundstück verwertet. Wir kennen das ja am Ammersee. Dann gäbe es wieder neue Luxusimmobilien. Wollen wir das wirklich? Wenn dann sollte es auch da der Gesellschaft zu Gute kommen in Form von günstigen Wohnraum oder anderen gemeinnützigen Ideen.

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