Tutzing – Von Fritz Walter über Franz Beckenbauer und Sepp Maier bis hin zu Lothar Matthäus und Christoph Daum – die Liste der ehemaligen Fußball-Profis, die ein Buch „geschrieben" haben, ist lang. Wobei „geschrieben" nicht so ganz richtig ist. Es waren immer „Ghostwriter" am Werk, meist Journalisten, die fürs Schreiben zuständig waren. Und das ist der Unterschied zu Florian Hinterberger (62), dem UEFA-Cup-Sieger mit Bayer Leverkusen und Ex-Trainer des früheren Bayernligisten FC Starnberg (1993 bis 2001). Auch der Tutzinger ist unter die Schriftsteller gegangen. Aber: Er hat jede Zeile seines Buches selbst geschrieben. Es heißt „Er will halt nur Fußball spielen – Regensburger Domspatz, UEFA-Pokalsieger und Münchner Löwe" (Arete Verlag, 20 Euro). Darin beschreibt Hinterberger humorvoll seine quälend-schaurige Zeit in Regensburg unter dem gestrengen Papst-Bruder und Domkapellmeister Josef Ratzinger, seine Monate bei der Bundeswehr, den Aufstieg vom Weidener C-Jugend-Talent zum Profi bei Fortuna Köln, Leverkusen und 1860 München (105 Spiele in der Bundesliga, 199 in Liga 2) und schließlich seine Erfahrungen als Sportdirektor bei den Münchner „Löwen" mit dem unberechenbaren, jordanischen Investor Hasan Ismaik. Dieses Kapitel als als Einakter mit dem Titel „Im Löwenstüberl", ein witziges Gespäch mit einem Journalisten und einem der vielen „Rentner", die immer alles besser wissen. „Alles lockig-flocker, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger", wie er sagt.
Wie kam's eigentlich zu dem Buch? Der Autor: „Ich habe schon zu meiner aktiven Zeit im Freundeskreis Geschichten aus meinem Leben erzählt. Die sorgten immer für großes Gelächter und den Rat: Das musst du aufschreiben." Das tat er dann auch – aber erst ab Anfang 2019. Rund anderthalb Jahre brauchte Hinterberger, um alles niederzuaschreiben und den Notizen „eine Struktur zu geben."
Klar, dass in diesem Buch auch die Starnberger Zeit nicht fehlen darf. „Seelöwentrainer" und „Schweineläufe" heißen die Kapitel, in denen der Ex-Coach von seiner „ehrgeizigen und in den allermeisten Fällen sehr disziplinierten, jungen Truppe" berichtet. Natürlich mit kleinen Ausnahmen - daher auch die Läufe als Strafe für eine vierköpfige Schafkopfrunde „im Zimmer von Andi und Pipin" (Torwart Andreas Proksch und Wolfgang Krebs), die im Trainingslager in Niederbayern den Zapfenstreich überzogen hatte. Der Trainer musste reagieren und „den harten Hund rauslassen", sagt er schmunzelnd. Er ließ die vier Nachtschwärmer tags darauf zum Straftraining antreten. Laufen, bis sich der Torwart in die Büsche „etwas erleichtern" musste. Nicht-Berücksichtigung im Testspiel am Nachmittag inklusive. „Die Mannschaftshygiene war wieder hergestellt und vor allem Andi und Pipin erwiesen sich während der Saison wieder als zuveerlässige, leistungsstarke und wichtige Spieler", so Hinterberger. Heute müssen alle Beteiligten drüber lachen: „Diese alten Geschichten, gerade die von den Schweineläufen, sind immer noch Thema, wenn wir uns mal wieder treffen."
Acht Jahre, ab dem Sommer 1993 trainerte der Ex-Profi, damals mit 34 Jahren ein sehr junger Trainer, den „Bonzenclub vom Starnberger See". Er ebnete den Weg für den Kooperationsvertrag mit 1860 München, arbeitete mit Spielern wie dem späteren Bundesliga-Profi Thomas Meggle („er hat den Unterschied zwischen einer guten und einer sehr guten Mannschaft gemacht") und Junioren-Weltmeister Toni Schmidkunz („sein Charakter und seine Führungsqualitäten haben mich beeindruckt") zusammen. Und er spricht auch heute nur im Guten vom FC Starnberg: „Eine großartige Zeit, damals war alles sehr seriös, alles ist vernünftig abgelaufen. Dank Rudi Hack und Dieter Kurz war der Verein sehr gut geführt."
2001 verließ Hinterberger die Seelöwen, wurde U21-Trainer bei 1860, danach U19- und U21-Coach in Nürnberg, NLZ-Koordinator sowie Scout bei den Franken. Im Mai 2011 begann er als Sportdirektor bei den Münchner Löwen, im April 2014 war Schluss bei 1860– auch auf Drängen Ismaiks: „We need a new Sportchef..."
Nach „40 Jahren in der Mühle" hat der Ex-Profi sein Leben mittlerweile „ein bisschen heruntergefahren."Im Antdorfer Reha-Studio des ehemaligen Starnberger Stürmers Michael Mucha ist er noch als Partner tätig, der „große Fußball" ist abgehakt. Kommt dann vielleicht noch ein zweites Buch? Da winkt Hinterberger ab: „Ich bin froh, dass ich das eine so gut hingebracht habe. Dabei wird's wohl bleiben..."
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