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Einkommensteuererklärung 2021: Wie berücksichtige ich meine Krypto-Investments? Rechtsanwalt Dr. Arendt im Interview

Einkommensteuererklärung 2021: Wie berücksichtige ich meine Krypto-Investments? Rechtsanwalt Dr. Arendt im Interview Symbolbild: aloys.news

München - Bei einem geschätzten Personenkreis von 5.000.000 Personen in Deutschland, die in der Krypto-Welt investieren, werden sich viele bald die Frage stellen: "Wie berücksichtige ich meine Krypto-Investments in meiner Einkommensteuererklärung 2021?" Einige Personen werden durch ihre Krypto-Investitionen teilweise erhebliche Steuerzahlungen zu leisten haben und damit auch zur fristgemäßen Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind.

Herr Dr. Arendt, jetzt steht bei vielen die Steuererklärung für das Jahr 2021 bevor. Der ein oder andere hat letztes Jahr erstmalig Krypto-Währungen gekauft und weiß ggf. nicht so genau, was er jetzt bei seiner Steuererklärung beachten und angeben muss. Würden Sie uns hierzu bitte nachfolgend ein paar Fragen beantworten?

Dr. Arendt: Ja, sehr gerne. Ich bin gespannt auf Ihre Fragen.

Wenn man in 2021 Bitcoin, Ethereum, Solana oder andere Crypto-Coins gekauft hat und diese noch unverändert hält, muss man das beim Finanzamt überhaupt bekanntgeben?

Dr. Arendt: Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, handelt es sich bei „Kryptowährungen" nach der gegenwärtigen ertragsteuerlichen Einordnung nicht um ein Zahlungsmittel. Vielmehr bilden Bitcoin und vergleichbare Coins digitale Werteinheiten ab. Man behandelt diese steuerlich als sonstige Wirtschaftsgüter. Im steuerlichen Ergebnis werden sie etwa mit Kunstgegenständen, Oldtimern und Gold gleichgestellt und unter die Einkunftsart der privaten Veräußerungsgeschäfte gefasst.

Der bloße Anschaffungsvorgang und das Halten von Kryptowährungen ist gegenüber dem Finanzamt grundsätzlich nicht anzuzeigen und löst in der Regel auch noch keine Steuern aus.

Was ist zu beachten, wenn man unterjährig mehrere Transaktionen oder ggf. auch Umwandlungen in andere Kryptowährungen gemacht hat? Muss das alles dokumentiert und gemeldet werden oder erst, wenn Verkäufe getätigt und Gewinne realisiert werden?

Dr. Arendt: Eine gute und idealerweise laufende Eigendokumentation der einzelnen Transaktionen ist wichtig, um einen Überblick zu behalten. Ich selbst habe mich in eigener Sache durch die „Reports" der verschiedenen Anbieter gekämpft und habe gemerkt wie aufwendig das ist.

Die Annahme, dass eine Gewinnrealisierung erst dann erfolge, wenn der Coin wieder aus der „Kryptowelt" zurück in die Fiat-Währung (etwa EUR oder USD) getauscht werde, ist leider aus steuerlicher Sicht ein Irrglaube.

Tausche ich einen Coin gegen einen anderen oder bezahle ich mit einem Coin, um etwa ein NFT zu erwerben, liegt steuerlich ein Tausch innerhalb der Kryptowelt vor (Coin gegen NFT). Das ist aber steuerlich wie eine Veräußerung des Coins zu behandeln und kann steuererheblich sein.

Es ist daher nicht einfach möglich, den neuen Token an die Stelle des alten Tokens zu stellen. Das hat zur Folge, dass bei Hingabe ein Veräußerungsgewinn entsteht, da es irrelevant ist, ob ich für einen Coin, Geld oder ein neues Wirtschaftsgut erhalte. Kurz gesagt, obwohl man zwei virtuelle Währungen miteinander tauscht, entstehen trotzdem neue Anschaffungskosten für das neue Wirtschaftsgut und ggf. ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn für den hingegebenen Coin.

Wie dokumentiere ich diese Vorgänge am besten, damit sie den Ansprüchen des Finanzamtes gerecht werden?Haben Sie hier ggf. auch eine Empfehlung, was alles dokumentiert werden muss und welches Format oder welche App sich hierfür eignet?

Dr. Arendt: Der Dokumentationsaufwand kann sehr aufwendig werden. Insbesondere wenn Sie mit einzelnen Krypto-Coins andere Token wie NFT's erwerben, nimmt die Komplexität deutlich zu.

Einerseits sind die Anschaffungsvorgänge der Coins zu dokumentieren und jeweils in EUR umzurechnen, andererseits müssen die Anschaffungsvorgänge der mit den Coins erworbenen Token dokumentiert und den Coins zugeordnet werden. Ich habe mir hierzu eine eigene Exceltabelle angefertigt. Bei den vorhandenen Anbietern hat man häufig die Problematik, dass mit USD gearbeitet wird oder aber nicht alle Vorgänge nach dem deutschen Steuerrecht und dessen Besonderheiten dokumentiert werden. Eine Eigenleistung bleibt bei den mir bekannten Apps (leider) immer noch erforderlich. Ich nehme aber auch nicht für mich in Anspruch, alle Anbieter zu kennen.

Was passiert, wenn ich Gewinne realisiert habe? Wie sind diese konkret zu versteuern, wie läuft die Besteuerung im Detail ab? Wo gebe ich das an bzw. wo genau ist das in den Formularen zu vermerken?

Dr. Arendt: Ich will das gerne an folgendem (einfachen) Beispiel beschreiben:

Franz erwirbt am 01.04.2021 erstmalig Bitcoin im Wert von EUR 1.000 €.
Am 12.12.2021 verkauft Franz seinen gesamten Bestand an Bitcoins für 1.500 €. Für den Verkaufsvorgang muss Franz 10 € Transaktionskosten zahlen.

Da Franz innerhalb eines Jahres Bitcoins angeschafft und veräußert hat, liegt das Geschäft innerhalb des Spekulationsjahres.

Franz ermittelt seinen Gewinn wie folgt:

Ermittlung des Gewinns:

1.500 € Verkaufspreis (Zeile 44 des Vordrucks unten)
– 1.000 € Anschaffungskosten (Zeile 45 des Vordrucks unten)
– 10 € Transaktionskosten (Zeile 46 des Vordrucks unten)

= 490 € anzusetzender Verkaufsgewinn (Zeile 47 des Vordrucks unten)

Die Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen bleiben dann steuerfrei, wenn der aus sämtlichen steuerrelevanten privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im relevanten Kalenderjahr weniger als 600 € beträgt (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG). Dabei handelt es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Das bedeutet, dass derjenige, der einen höheren Gesamtgewinn als 601 € erzielt, den gesamten Gewinn zu versteuern hat.

Wenn der Veräußerungsgewinn jetzt EUR 10.000 betragen würde, wäre Franz dazu verpflichtet, dies in seiner Einkommensteuererklärung anzugeben: Die Besteuerung erfolgt dann mit dem persönlichen Einkommensteuersatz, der regelmäßig höher ist, als wir das etwa aus den Aktiengewinnen kennen.

Was kann passieren, wenn ich das „vergesse" und diese Angaben nicht mache? Mache ich mich dann automatisch strafbar?

Dr. Arendt: Wenn man steuerpflichtige Einnahmen in seiner Einkommensteuererklärung vergisst, ist das grundsätzlich problematisch und kann im schlimmsten Fall auch eine steuerstrafrechtliche Relevanz haben.

Diese Gefahr ist auf keinen Fall zu unterschätzen, weswegen allen potentiell betroffenen Steuerpflichtigen unbedingt zu raten ist, sich die Mühe der Aufarbeitung der einzelnen Transaktionen zu machen. Nur auf dieser Grundlage hat man überhaupt einen Überblick, über das Ob und die Höhe einer potentiellen Steuerbelastung.

Im Steuerstrafrecht ist es grundsätzlich nicht ratsam, sich zur Rechtfertigung seiner steuerlichen Untätigkeit auf die Position der eigenen Unwissenheit in Steuerangelegenheiten zurückzuziehen.

Mit welchen immer wieder häufig auftretenden Fragen werden sich Mandanten an Sie? Welchen konkreten Rat können Sie geben?

Dr. Arendt: In den Beratungsgesprächen geht es viel um grundsätzliche Steuerfragen. Problematisch ist dabei leider immer noch die unsichere Rechtslage im Zusammenhang mit „Kryptowährungen". Ich bin in dem Interview nur auf die Grundkonstellation eingegangen. Diese war auch bereits Gegenstand von Verfahren vor dem Finanzgericht. Allerdings ist die Kryptowelt sehr vielfältig - was unmittelbar Einfluss auf die steuerliche Behandlung hat.

Wenn man sich die Zusammenschlüsse von Investoren in DAO´s oder aber auch die verschiedenen ähnlich organisierten NFT-Projekte ansieht, dann lässt sich eine verbindliche Steuerauskunft auch für uns Berater nicht immer erteilen. Das ist dem Bundesfinanzministerium geschuldet, das sich leider bis heute nicht abschließend zu vielen steuerlichen Fragen positioniert hat. Gleichzeitig läuft den Steuerpflichtigen aber die Zeit zur Abgabe der Steuererklärung 2021 davon.

Genau vor diesem Hintergrund ist eine gute Dokumentation all der ausgeführten Transaktionen unumgänglich.

Gibt es noch besondere Tipps aus Ihren bisherigen Erfahrungen, die Sie uns mitgeben wollen?

Dr. Arendt: Viele Personen unterschätzen das steuerliche Ausmaß der getätigten Geschäfte in der Kryptowelt leider. Bei vielen überwiegt das Gefühl der steuerlichen Unerheblichkeit, solange alles in der Kryptowelt bleibt.

Allerdings gilt: Jede Transaktion kann jeweils einzeln und für sich einen Besteuerungstatbestand auslösen. Wird das erwirtschaftete Kryptovermögen immer weiter reinvestiert, muss man sich vor Augen führen, dass es sich dabei um unversteuertes Geld handelt.

Da die Einkommensteuer eine Jahressteuer ist, birgt das ein hohes und unerkanntes Steuerrisiko, denn was passiert, wenn die Kurse in den Folgejahren abstürzen. Dann bleibt den Anlegern die Steuerschuld aus vorangegangenen Gewinnen, die sie möglicherweise aufgrund der fehlenden Liquidität nicht mehr begleichen können. Man sollte daher gut überlegen, in welcher Höhe man zwischenzeitlich entstandene Gewinne wieder reinvestiert.

Vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Arendt: Meine Empfehlung. Der steuerliche Aspekt hinter dem Kryptohandel mit Kryptowährungen oder Kryptokunst birgt auch viele Gefahren und Herausforderungen. Gerne kann ich Sie dazu individuell beraten und mit Ihnen nach Lösungen suchen, um ihre digitalen Erträge zu sichern. Bei Fragen zu diesem Thema melden Sie sich bitte gerne bei mir.

Ihr Dr. Christopher Arendt

089 / 54 714 3
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https://www.acconsis.de/dr-christopher-arendt/

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