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In der Schwebe. Katalin Fischer begeistert bei den Kreiskulturtagen mit ihrem Theaterstück „Rauf-Runter-Crash“. Es gibt noch Karten.

Yasmin Afrouz, links und Gabi Fischer Foto: Alois Kramer

Windach – Mit der Sehnsucht ist das so eine Sache und vor allem ist sie hochkomplex. Das lernt der Zuschauer sehr schnell bei „Rauf –Runter – Crash", dem Stück, das Katalin Fischer extra für die Kreiskulturtage geschrieben und auch Regie geführt hat. Das rund einstündige Werk der Virtuellen Companie hatte am Donnerstag Premiere in einem Stadel in Windach.

Die Szene ist ungewöhnlich. Die Bühne gibt den Blick auf zwei Frauen frei, die auf Schaukeln sitzen. Die Wand hinter ihnen ist beklebt mit Tageszeitungen, vornehmlich der Süddeutschen Zeitung. Die eine Dame erzählt von ihren Sehnsüchten (Yasmin Afrouz), die andere (Gabi Fischer) streut immer wieder Salz wie in eine Wunde in die Sehnsüchte ihrer Freundin. Ist sie Schwester oder Geliebte? Das bleibt im Unklaren. Sie macht ihrer Partnerin ihre Wünsche madig. Hat immer was zu nörgeln. Die Wahrheit ist: Es gibt Wünsche, wie zum Beispiel die nach einem Teller Reis mit Erbsen, die wie eine unstillbare Sehnsucht waren und die uns ein Leben lang begleiten aber uneinholbar sind. 

Dabei wirkt die Gefährtin wie die Verkörperung des Verstandes, der immer in einem Zwiegespräch mit sich selbst ist. So beschreibt Hannah Arendt übrigens das Denken, als einen Dialog mit sich selbst. Beide Damen blättern während ihres Gesprächs beständig in einem Hochglanzmagazin, dessen wichtigstes Thema die Reichen und die Schönen, im besten Falle reiche Hocharistokraten sind. Die Illustrierte gibt Einblick in eine Welt nach der sich viele sehnen aber sich damit begnügen wenigstens eine Ahnung davon zu bekommen.

Die Sehnsucht liegt in der Luft, sie ist kaum fassbar, sie schwebt in einem. Das ist die Botschaft dieses Bühnenbildes, für das Andreas Kloker verantwortlich zeichnet. Links und rechts auf dem Podium unterhalb der Schaukeln sitzen zwei junge Frauen in großen Waschzubern (Fanny Arnold, Leoni Afrouz). Man sieht nur ihre Köpfe, auf denen so genannte Bowler-Hüte sitzen, wie sie englische Banker tragen. Sie sehen aus wie Estragon und Vladimir, die zwei Figuren aus "Warten auf Godot", dem großartigen Stück von Samuel Beckett. Auch sie können den Mund nicht halten, plappern mal dazwischen, oder reden gleichzeitig. Kaum haben die beiden Damen auf den Schaukeln ihr Zwiegespräch begonnen, kommt auch schon der Chor in Form einer Sängerin (Rebecca Mack von Elmenau) auf einem Leiterwagen in den Bühnenraum. Sie kommentiert das Geschehen auf der Bühne mit ihrem Gesang. Wie in einem antiken Drama. Gezogen wird die Sängerin von Paolo Hirsch, Simon Nick, Emil Michalsky – alle fünfzehn Jahre alt – und auf dem Akkordeon begleitet von Simon Japha. Dieser Einzug ist wie eine Reise in die Theatergeschichte, die mit dem Thespiskarren beginnt. 

Die Chanteuse singt in wunderbarem Italienisch von den „Parole, Parole, Parole", einem berühmten Schlager von Matteo Mazzuca aus dem Jahr 1972. Auch hier ist die Bedeutung klar. Alles nur Worte, was da auf der Bühne geschwafelt wird. Sehnsucht, das will uns die Stückeschreiberin sagen, hat viel mit Worten und mit Absichten zu tun – und mit wenig Verwirklichung. 

Die Autorin nennt "Rauf – Runter – Crash" in der Ankündigung einen "Ausschnitt aus dem ultimativen Geisterzirkus der Sehnsucht". Recht hat sie. Mit der Sehnsucht geht es wie auf einer Schaukel auf und ab. Landrat Thomas Eichinger war genauso begeistert wie die rund 80 Besucher des ungewöhnlichen Theaterstücks auch. "Ein magisches Erlebnis, geradezu hypnotisch", sagte der Landkreis-Chef. 

Weitere Aufführungen in der Theaterscheune Windach, Schützenstraße 12, am Dienstag, 31. Mai und am Mittwoch 1. Juni. Beginn jeweils um 20 Uhr. Die Bar ist ab 19.30 Uhr geöffnet. 

Kartenreservierung unter Telefon 08807/7228, Vorverkauf: Schlossmarkt Windach, CoLibri Dießen und Bäckerei Ruch Dettenschwang. 


Rebecca Mack von Elmenau als Sängerin. Foto: Alois Kramer
In der Bildmitte Regisseurin und Autorin Katalin Fischer. Foto: Alois Kramer
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