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Reihenweise Raritäten. Kostbarkeiten und Kuriositäten aus fünf Jahrhunderten beherbergt die Agrarhistorische Bibliothek in Herrsching. Von Peter Stöbich

Katharina Höninger ist die sachkundige Hüterin der historischen Bücher, Fotos, Protokolle und Zeitschriften.   Fotos: Peter Stöbich

Herrsching – Faszinierende Zeugnisse einer verrschwundenen bäuerlichen Welt beherbergt das Haus der bayerischen Landwirtschaft in Herrsching. Im Tagungshaus des Bauernverbandes lagern unterm Dach rund 20.000 seltene Bücher aus fünf Jahrhunderten. Katharina Höninger hütet diese kostbaren Schätze mit Fachliteratur aus den Bereichen Land-, Haus- und Forstwirtschaft, Naturwissenschaft, Technik, Gesetzgebung und Verwaltung.

"Man sollte viel Zeit mitbringen, um hier zu schmökern", sagt sie, "denn jeder einzelne Band ist ein Schatz." Wenn Besucher ins riesige Archiv kommen, dann meist aus wissenschaftlichem Interesse, doch unter der Telefonnummer 08152/938 290 können alle einen Termin vereinbaren, die gern einmal in der Sammlung stöbern wollen. Manche Raritäten sind so wertvoll, dass sie Höninger nur mit Handschuhen anfasst.

Dass sich in der Geschichte leider vieles wiederholt, beweist ein Blick in die Bauernzeitung aus dem Jahr 1825: "Sollen die Türken aus Europa vertrieben werden?", heißt es da. In den langen Regalreihen findet sich Lehrreiches, Faszinierendes und Amüsantes wie zum Beispiel ein Ratgeber zur Belehrung der bäuerlichen Bevölkerung, die sogenannte Hausväterliteratur.

"Ain künstlichs und nutzlichs Kochbuch" aus dem Jahr 1556 ist nur ein paar Jahre jünger als die Bibelübersetzung Martin Luthers und damit das älteste Buch der Bibliothek. Es enthält Rezepte wie "Schweinkopf" mit Branntwein und Ingwer flambiert.

Vom "Noth- und Hülfs-Büchlein für Bauersleute oder lehrreiche Freuden und Trauer-Geschichte des Dorfs Mildheim", einem Aufklärungsbuch für die ländliche Bevölkerung, das erstmals 1787 erschien, wurden bis zur letzten Auflage im Jahr 1838 eine Million Exemplare verkauft. Es ist leicht zu lesen, da es zum Teil in Romanform gehalten ist, und gibt Auskunft über Themen wie Ehe, Glaube, Hausstand, Hausmittel, außerdem über Viehzucht, Ackerbau, Bierbrauen und Imkerei. Höninger: "Damit sprach es eine breite Schicht von Lesern an."

Fünf Seiten lang ist die Liste mit Rubriken, die alle in der Herrschinger Bibliothek zu finden sind. Sie reichen von Betriebslehre und Buchführung über Gemüse- und Obstanbau bis zu Forst- und Jagdwesen, Geodäsie und Mathematik. "Der zeitgeschichtliche Schwerpunkt unserer Sammlung liegt im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert", sagt ie Archivarin. Außerdem beherbergt sie die sogenannte Tillmann-Bibliothek des Deutschen Bauernverbandes und das Archiv des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern.

Den Grundstock legte der Verein, der 1810 von 60 Gutsbesitzern als eine der ersten Organisationen der Land- und Forstwirtschaft und beratendes Organ der bayerischen Regierung ins Leben gerufen wurde. König Maximilian I. Joseph hatte den Zusammenschluss am 9. Oktober 1810 genehmigt und zwei Monate später das Protektorat über die Gesellschaft übernommen. Neben Gutsbesitzern, Wissenschaftlern, Lehrern und Pfarrern bildeten Beamte durchwegs die Hauptgruppe der Mitglieder. Bauern nutzten zwar die reichen Informations- und Fortbildungsangebote, aber sie wurden nur selten Mitglied. So reichte die Blütezeit bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, ehe andere Organisationen wie die Christlichen Bauernvereine den Landwirtschaftlichen Verein ablösten.

Seit einigen Jahren greift Höninger im Rahmen von Foyergesprächen verschiedene interessante Themen auf wie Kochen im Mittelalter oder Weinbau in Franken. "Denn unser Ziel ist es, dadurch den Bücherschatz einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und Interesse für die Vergangenheit zu wecken." Die Themen sind breit gefächert und beziehen sich auf aktuelle Anlässe, Jahrestage und Jubiläen.

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